Von Brigitte Warenski
Innsbruck – Die Geschichte von Pater Johannes ließ bereits vor vielen Jahren die Wogen hochgehen. Der Pater, der im Vorarlberger Zisterzienserkloster Mehrerau als Lehrer und Betreuer tätig war, wurde 1967 wegen eines Missbrauchsvorfalls rechtskräftig verurteilt, durfte aber dennoch weiter im Kloster mit Jugendlichen arbeiten. 1982 soll der Geistliche zwei Jugendliche – die jetzt das Kloster auf Schmerzensgeld und Verdienstentgang geklagt haben (die TT berichtete) – sexuell missbraucht und vergewaltigt haben. Erst nach diesen Vorfällen wurde Johannes nach Sautens ins Ötztal „strafversetzt“, wo er 28 Jahre tätig war und 2010 letztendlich vom Dienst suspendiert wurde. Nun sorgt sein Fall neuerlich für Aufregung, weil Österreichs Missbrauchsopfer nun Hoffnung schöpfen. Grund: Das Landesgericht Feldkirch hat diese Woche in einem Zwischenurteil entschieden, dass die beiden Mehrerau-Fälle nicht verjährt sind. „Die Opfer waren traumatisiert – wie auch das Gutachten sagt – und haben bis zum medialen Aufkommen der Missbrauchsfälle 2010 die Tat verdrängt und damit ist die kurze Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen“, erklärt Bernhard Koch, Professor für Zivilrecht an der Universität Innsbruck das Zwischenurteil.
Ein Etappensieg, der richtungsweisend sein könnte, weil bisher die Verjährung in allen anderen Missbrauchsfällen (sowohl bei Opfern kirchlicher wie auch staatlicher Einrichtungen und Heime) jede Chance auf ein Gerichtsverfahren verhindert hatte. Auch wenn sich die zahlreichen Missbrauchsfälle in Österreich laut Koch „sehr unterschiedlich zeigen“, hält er es nun für „durchaus möglich“, dass zumindest eine kleine Lawine ins Rollen kommt. Den beiden Mehrerau-Klägern steht aber ein langer Weg bevor. Da Anwalt Bertram Grass dem Kloster bereits empfohlen hat, die Entscheidung zu bekämpfen, „wird ganz sicher Berufung eingelegt“, sagt Koch. Damit wandert die Entscheidung über die Verjährung an das Oberlandesgericht Innsbruck und laut Koch wahrscheinlich weiter an den Obersten Gerichtshof (OGH). Bestätigt dieser erneut, dass keine Verjährung vorliegt, geht der Fall zurück nach Feldkirch. „Erst dann kann man beginnen, über das Schmerzensgeld zu verhandeln“, erklärt Koch.
Kommentieren