Manche Hersteller haben ein Problem mit dem sich abzeichnenden Brexit — wie reagiert Jaguar Land Rover auf die Entwicklung?
Ralf Speth: Natürlich betrifft auch uns der Brexit, aber wir wissen noch nicht, wie er erfolgen wird. Wir vertrauen darauf, dass die britische Regierung genau weiß, was zu tun ist. Dies betrifft ja nicht nur Jaguar Land Rover, sondern die komplette Export/Import-Industrie. Allein unser Unternehmen importiert 40 bis 45 Prozent aller Komponenten aus der Europäischen Union. Und Europa ist für uns auch von größter Bedeutung, was den Absatz unserer Fahrzeuge betrifft.
Gilt diese Bedeutung auch für den Gewinn?
Speth: Europa steht hier ziemlich weit oben.
Wie verfolgt Jaguar Land Rover die Einführung von Elektroautos?
Speth: Wir sind hier sehr optimistisch: Für die künftige Mobilität sehen wir Hybride und reine elektrische Autos. Das wird wohl schneller kommen, als wir denken — wenn die Industrie beim Produzieren leistungsfähiger Batterien nachkommt, wenn die Infrastruktur vorbereitet wird mit genügend Lademöglichkeiten und wenn das Laden schnell geht.
Wie drückt sich Ihr Optimismus in Zahlen aus?
Speth: Schon 2020 kann es so weit sein, dass wir international 40 bis 50 Prozent unserer Neufahrzeuge als Elektromodelle oder als Hybride verkaufen.
Bleiben Sie der Dieselhybrid-Technik treu?
Speth: Natürlich. Dieselmotoren sind entwicklungsfähig und sie sind, was den CO2-Ausstoß anbelangt, mehr als wettbewerbsfähig. Sie emittieren vergleichsweise 20 Prozent weniger CO2 als Benzinmotoren.
Aber der Diesel steht unter starkem Druck wegen der VW-Dieselaffäre — orten Sie eine Bewegung hin zum Benziner?
Speth: Ja, es wird eine Verschiebung geben, aber wir brauchen nach wie vor Dieselmotoren.
Wie sehen Sie die Entwicklung beim autonomen Fahren?
Speth: Hier bin ich zurückhaltender: Derzeit erhalten Sie mit dieser Technik zu einem vernünftigen Preis kein sicheres Auto. Man kann derzeit in bestimmten Bereichen, etwa auf der Autobahn fahren — aber in Städten ist die Sache viel komplexer und erfordert hohen technischen Aufwand.
Arbeiten Sie selbst an einem autonomen Fahrzeug oder mit Partnern zusammen?
Speth: Wir arbeiten mit vielen Partnern zusammen, denn wir können nicht alles allein machen. Aber wir geben die Rahmenbedingungen vor.
Was bedeutet es für Sie, für ein Unternehmen zu arbeiten, das sich eigentlich in indischem Eigentum (Tata) befindet?
Speth: Ich war von Anfang an beeindruckt von der Modellpalette und von der Kreativität des Teams. Allein die Designer sind eine Kapazität. Und wir erinnern uns, dass 2008/2009 Ratan Tata Jaguar Land Rover aus der Patsche half, andernfalls wäre das Unternehmen pleite gegangen. Wir hatten die unglaubliche Möglichkeit, überproportional zu investieren, und zwar in neue Produkte und Fertigungsanlagen. Die Eigentümer fragten nämlich nicht nach großen Dividenden.
Können Sie mit Ihrer Größe gegen andere Premiummarken wie BMW, Mercedes und Audi mithalten?
Speth: Wir sind nicht so groß wie diese Marken, die jede für sich zwei Millionen Stück im Jahr produzieren. Wir besetzen nicht jedes Segment und nicht jede Nische. Wir machen eines nach dem anderen, und das machen wir sehr überlegt. Und natürlich hatten wir auch etwas Glück.
Einige Premiumhersteller bedienen das Kompaktwagensegment, Jaguar Land Rover noch nicht — haben Sie in dieser Richtung etwas vor?
Speth: Wir sind derzeit in den höheren Segmenten unterwegs, also sieht man: Es gibt viele Möglichkeiten, wo wir aktiv sein können. Das betrifft Nischen, das betrifft andere Segmente.
Frage: Wie viel Stück von Ihrem neuen Elektrofahrzeug I-Pace werden Sie im nächsten Jahr verkaufen?
Speth: Wir können nicht in die Kristallkugel schauen. Unsere Produktion ist auf alle Fälle flexibel ausgerichtet.
Das Interview führte Markus Höscheler im Rahmen eines Round Table.
Schlagworte
Kommentieren