Ried im Innkreis – Im Landesgericht Ried im Innkreis ist am Mittwoch der Prozess gegen den ehemaligen guatemaltekischen Polizei-Subdirektor Javier Figueroa fortgesetzt worden. Ihm wird die Beteiligung an der Erschießung von sieben Häftlingen vorgeworfen. Er bestreitet das und widerspricht der Anklage sowie den offiziellen Angaben aus Guatemala in mehreren Punkten. Am zweiten Verhandlungstag stand die Rekonstruktion der Geschehnisse anhand von Fotos und einem Video, mit dem der Angeklagte seine Unschuld beweisen will, auf dem Programm.
Es geht um einen Einsatz in der Haftanstalt Pavon. Diese stand unter Kontrolle der mehr als 1000 Gefangenen, die offenbar nach wie vor ihren kriminellen Machenschaften, u.a. dem Kokain-Handel, nachgingen. Am 25. September 2006 wurde die staatliche Kontrolle in einer großen Aktion von Polizei, Militär und Strafvollzug zurückerobert. Die Häftlinge sollten in eine andere Anstalt umgesiedelt werden. Figueroas Aufgabe bestand nach seinen Angaben darin, anhand von Fingerabdrücken festzustellen, wer dort tatsächlich angekommen ist.
Anlage von zwei Seiten gestürmt
Laut Anklage gab es neben dem offiziellen auch einen parallelen Plan, wonach bestimmte Personen anhand einer „Todesliste“ gezielt gesucht und getötet werden sollten. Figueroa habe davon gewusst und das Vorhaben gefördert, so der Vorwurf. Der 42-Jährige bestreitet das. Er widersprach auch der Version der Anklage, wonach die Häftlinge unbewaffnet gewesen seien und keinen Widerstand geleistet hätten. Er versuchte mit einem Video das Gegenteil zu beweisen. Darauf sind Lichtblitze aus Richtung eines Hauses zu sehen, die Mündungsfeuer sein könnten, und Polizisten, die in Deckung gehen.
Figueroa berichtete zu den Bildern, dass die Anlage von zwei Seiten gestürmt worden sei. Der Großteil der Einsatzkräfte sei über den Haupteingang im Norden eingedrungen. Im Süden habe man ein Loch in den Zaun geschnitten, durch das zuerst eine achtköpfige Gruppe hineingegangen sei, dann er. Kurz darauf sei aus einem Haus heraus gefeuert worden. Die Bewohner seien dann von einer anderen Einheit überwältigt worden.
Seit 2007 in Österreich
Widersprüche gibt es auch zwischen jenen Antworten, die die Staatsanwaltschaft Ried im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens aus Guatemala bekam, und Figueroas Aussagen: Nach offiziellen Angaben ist sein Name nicht im offiziellen Einsatzplan gestanden und ihm wurde keine Waffe zugeteilt. Für den Angeklagten ist das „eine Lüge“. Er zeigte ein auf Spanisch abgefasstes Papier, auf dem festgehalten wurde, dass die Subdirektoren - zu diesen zählte er - dabei zu sein hätten. Dass er als Polizeibeamter keine Waffe bekommen habe, sei „absurd“. Figueroa sieht eine Intrige gegen seine Person und betonte immer wieder, dass er sich durch seinen Kampf gegen die Korruption in seinem Heimatland Feinde gemacht habe.
Der ausgebildete Arzt Figueroa kam 2007 mit seiner Familie nach Österreich, erhielt Asyl und arbeitete im Innviertel als Altenpfleger. Als die Vorwürfe gegen ihn laut wurden, lehnte das Oberlandesgericht Linz eine Auslieferung nach Guatemala ab, weil er dort keinen fairen Prozess zu erwarten habe. Stattdessen verhandelt nun das Landesgericht Ried den Fall. Kommende Woche geht der Prozess weiter, u.a. soll im Lauf der Verhandlung noch der ehemalige Staatspräsident als Zeuge aussagen. Ein Urteil soll am 8. Oktober gesprochen werden. (APA)
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