Wohnen

Easy Living in grünen Oasen

Ein begrüntes Dach kühlt im Sommer und dämmt im Winter.
© VfB

Eine Wand mit Efeu oder wildem Wein zu begrünen, war gestern, heute sind Dachgärten und vertikale Wälder angesagt, um dem urbanen Leben im Sommer mehr Pfiff zu geben.

Von Ursula Philadelphy

Innsbruck –Man sucht das Grün in diesen Tagen, lebt auf Balkon, Terrasse oder gleich ganz im Garten, egal, ob zu ebener Erde oder auf dem Dach, oder ist froh, wenn man einen Innenhof hat, der halbwegs begrünt ist und Schatten spendet. Der Satz „Gehen wir hinauf in den Garten“ wird immer öfter zum Thema. Ganz zu schweigen von den vertikalen Gärten, in die in großen Städten schon so manche Hausfassade verwandelt wird.

Die beiden Häuser des Projektes „bosco verticale“ stehen mitten in Mailand.
© boeristudio

Diese beiden Aspekte sind schon vor einiger Zeit in Mode gekommen und vertiefen sich zusehends. In vielen größeren Städten findet man inzwischen Dachgärten. Ursprünglich startete dieser Trend in den USA, wo man die Dachflächen dazu nutzte, um Gärten anzulegen und Gemüse zu pflanzen. „Urban Gardening“ als Gemeinschaftsprojekt.

Gemütlich und sehr kommunikativ geht es dabei zum Beispiel in vielen Häusern in Dänemark zu, wo man, wie generell in Skandinavien, sehr viel Gemeinschaftssinn pflegt und so ein Projekt auch gemeinschaftlich erhält und genießt. Diesen Beispielen folgend entsteht auch in Wien gerade eines der weltweit größten diesbezüglichen Projekte, noch dazu im sozialen Wohnbau: „ERnteLAA“ hat eine ganze Dachlandschaft mit Hochbeeten, Glashäusern und Gärten. Der Entwurf stammt von Mascha & See­thaler Architekten, die sich über eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Wiener Stadtmagistrat freuen, denn auf den Dächern sollen sogar Obstbäume gedeihen und Urban Gardening mit Urban Farming verknüpft werden. Es geht bei diesem Projekt aber nicht nur um die Grüngestaltung, sondern auch um eine soziale Komponente samt gemeinsamer Freizeitgestaltung. Ganz zu schweigen natürlich von den ökologischen Aspekten. Geplant ist auch ein Häckslerraum und Lifte, die sogar Scheibtruhen und schwere Gerätschaften transportieren können. Außerdem sind auch die Balkone mit Wasseranschlüssen und Rankhilfen ausgestattet. So viel Grün muss ja auch gewartet und gepflegt werden.

Auch in Wien war für die Planung die Zusammenarbeit mit einer ganzen Reihe von Fachleuten nötig – ähnlich wie bei dem Starprojekt „bosco verticale“ des Mailänder Architekturbüros „boeri studio“ des Architektenteams Stefano Boeri, Gianandrea Barreca und Giovanni la Varra, das seit vorigem Jahr weltweit mit zwei aufsehenerregenden Häusern mitten in Mailand begeistert und für Nachahmer sorgt. Dort hat man allerdings nicht auf einen vergleichsweise geradlinigen Dachgarten gesetzt, sondern auf einen üppigen vertikalen Garten. Eine bewaldete vertikale Revolution quasi.

Die Dachgartenversuchsanlage der Universität für Bodenkultur.
© BOKU Wien

Die Balkone wurden mit insgesamt 900 ausgewachsenen Bäumen, 11.000 Bodendeckern und 5000 Sträuchern bestückt. Die Pflanzen wurden vorgezogen und fördern das Mikroklima der beiden 110 und 76 Meter hohen Häuser. Um das Grün auch pflegen zu können, musste natürlich auch eine ganz neue Haustechnik entwickelt werden, denn die Bewässerung derartiger Mengen von Pflanzen kann nicht mit Frischwasser erfolgen, sondern mit wiederaufbereitetem Brauchwasser.

Energietechnisch spart man sich teure Klimaanlagen, denn die Bäume spenden Schatten und Kühlung und bieten zugleich der Umweltverschmutzung Paroli, da sie CO2 absorbieren, Sauerstoff produzieren und für eine natürliche Feuchtigkeit sorgen. Auch akustisch ist die bewaldete Fassade natürlich ein Highlight. Diese biologische Architektur bietet also mit einem Wort ein rundum ideales Mikroklima und verzichtet auf extreme Technologien.

Insgesamt sind Dachgärten und vertikale Gärten ein Thema, dessen Bedeutung stetig wichtiger wird.

Grün reduziert den ökologischen Fußabdruck, und nachdem der Lebensraum nicht nur in großen Städten, sondern auch in Tirol knapp ist, wird nun nicht nur international ins Vertikale gedacht und geplant, sondern auch in unserer Gegend.

Laut „Verband für Bauwerksbegrünung (Vfb) rechnen sich die Dachbegrünungen auch im sozialen Wohnbau“, denn „sie leisten mehr, als man denkt ... und die Kosten sind geringer, als man vermutet“. Gründächer sind ein natürlicher Hochwasserschutz, entlasten die Kanäle bei Starkregen, filtern Feinstaub, kühlen im Sommer und fungieren als Wärmedämmung im Winter. Bauwerksbegrünungen sind so etwas wie kühlende Kleinkraftwerke, die das Klima in Städten beeinflussen. Im Forschungsprojekt „GrünStadtKlima“ der Universität für Bodenkultur hat man etwa errechnet, dass eine Grün­fassade von 850 m2 Fläche an einem heißen Sommertag die Kühlleistung von 75 Kühlgeräten erbringt! Außerdem wirkt sich die Abkühlung auch für die Umgebung aus, da die Strahlungstemperatur sinkt.

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