Nur Zwischenlösung bei Asylgipfel, Mikl-Leitner droht mit Notstand
Die Innenminister der EU-Staaten konnten sich beim heutigen Gipfel in Brüssel nicht auf eine endgültige Lösung einigen. Innenministerin Mikl-Leitner sprach von einem „Zwischenziel“. Vor dem Sondertreffen zur Asylwerber-Verteilung hatte die Ministerin den Druck auf ihre europäischen Amtskollegen erhöht. Österreich bewerkstellige derzeit „genauso viele Asylanträge wie Griechenland und Italien zusammen“.
Wien – Europas Umgang mit der Flüchtlingsfrage bleibt schwierig: Wegen Widerstands mehrerer Mitgliedstaaten erreichten die EU-Innenminister am Montag bei einem Sondertreffen erneut nicht die angestrebte Zahl von 40.000 Flüchtlingen, die von Italien und Griechenland auf andere europäische Länder verteilt werden sollen. Laut Luxemburger Ratspräsidentschaft blieb eine Lücke von fast 8.000 Aufnahmeplätzen. Dennoch startet das Flüchtlingsaufnahmeprogramm nun – über Zahlen wird im Herbst erneut verhandelt.
Europas Staats- und Regierungschefs hatten Ende Juni beschlossen, über zwei Jahre insgesamt 60.000 Flüchtlinge auf alle EU-Staaten zu verteilen – allerdings nur auf freiwilliger Basis und nicht über verpflichtende Quoten, wie dies die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Unproblematisch war dabei die Aufnahme von 20.000 Menschen aus Flüchtlingslagern in Konfliktgebieten. Die Zahl wurde mit 22.504 sogar deutlich überschritten – auch weil sich Nicht-EU-Staaten wie Norwegen und die Schweiz beteiligen.
Mikl-Leitner sieht „Zwischenziel“ erfüllt
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach nach dem Sonderrat in Brüssel von einem „Zwischenziel“ bei der Flüchtlingsfrage. Dieser „wichtige Zwischenschritt“ sehe vor, dass insgesamt eine Zahl von 52.000 Flüchtlingen für die Verteilung erreicht sei. Im Dezember werde nachjustiert.
„Wir müssen weiterhin am Ziel einer nachhaltigen fairen Quote für alle 28 Staaten festhalten“. Mit der Solidaritätsinitiative Resettlement sei es gelungen, zu einer „Übererfüllung“ zu kommen. Nicht nur 20.000 Flüchtlinge seien aus den Krisenregionen übernommen bzw. neu angesiedelt worden, sondern über 22.000, so Mikl-Leitner. Diese Variante von Resettlement sei von den meisten EU-Ländern bevorzugt worden, weil es darum gehe, Menschen aus Krisenregionen zu retten und vor allem den Schleppern die Geschäfte zu durchkreuzen.
Österreich übernimmt keine Flüchtlinge aus Relocation-Programm
Bei der Relocation – das Ziel waren 40.000 für die nächsten zwei Jahre gerechnet ab August – „haben wir für das erste Jahr das Ziel von 20.000 erfüllt. Für das zweite Jahr steht man derzeit bei 12.000, das wird im Dezember nachjustiert. Gerade bei dieser Initiative gehen auch andere den österreichischen Weg“.
Österreich werde aus der mit 40.000 Flüchtlingen angepeilten Verteilungsquote innerhalb der EU (Relocation) keine Flüchtlinge aufnehmen, erklärte die Innenministerin. „Das haben wir schon im Vorfeld kommuniziert, mit dem Kommissar und dem luxemburgischen Ratsvorsitz“.
Allerdings übernehme Österreich aus dem Resettlement-Programm mit einer Gesamtzahl von 20.000 Flüchtlingen nach der Vereinbarung „1.900 Personen. Davon sind 1.500 bereits im Laufen, Österreich hat sich verpflichtet, zusätzlich 400 zu nehmen“, bekräftigte Mikl-Leitner.
Um aus dem Relocation-Programm vielleicht doch Flüchtlinge aufnehmen zu können, seien zwei Bedingungen zu erfüllen. Einerseits müssten andere Länder mehr belastet sein als Österreich und außerdem müssten diese Länder ihre Hausaufgaben bei der Registrierung der Flüchtlinge erfüllen, wiederholte sie ihre Forderung vom Nachmittag.
Asylnotstand nicht ausgeschlossen
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte vor dem Sonderrat mit ihren EU-Kollegen einen Asylnotstand für Österreich in den kommenden Monaten nicht ausgeschlossen. Sie verwies darauf, dass man derzeit genauso viele Asylanträge bewerkstellige wie Griechenland und Italien zusammen, dies sei keine Solidarität.
Auf die Frage, ob sie mit einer Nullquote in den Sonderrat gehen werde, hatte die Ministerin gesagt, sie könne sich eine Beteiligung bei der Verteilung nur unter zwei Bedingungen vorstellen. Einerseits müssten andere Länder mehr belastet sein als Österreich und außerdem müssten diese Länder vor allem ihre Verantwortung bei der Registrierung der Flüchtlinge übernehmen. „Beides sehe ich sowohl in Griechenland und Italien nicht“. Österreich würde derzeit, umgelegt auf die Einwohnerzahl, „nahezu zehn Mal so viele Asylanträge bewerkstelligen“ wie Italien und Griechenland zusammen. „Und das kann wohl nicht gerecht sein“.
Das Problem der fairen Verteilung von Flüchtlingen lasse sich auch nur garantieren, wenn es direkte Anlaufstellen an den EU-Außengrenzen gebe. „Hier braucht es funktionierende Systeme“. Befragt, warum sich Österreich nicht dem von Italien und Griechenland ausgerufenen Asylnotstand anschließe, sagte Mikl-Leitner, „das ist ohnedies in den nächsten Monaten nicht auszuschließen“. Denn „Österreich ist zum Zielland Nummer eins geworden und hat mittlerweile die höchste Pro-Kopf-Quote an Asylwerbern“. (tt.com, APA)