Tschechiens Premier kritisiert Vize-Geste im Sudetendeutschen Haus

Prag (APA) - Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka hat sich von der Geste seines Vize Pavel Belobradek, der vergangene Woche i...

Prag (APA) - Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka hat sich von der Geste seines Vize Pavel Belobradek, der vergangene Woche im Sudetendeutschen Haus in München mit einer Kranzniederlegung die Opfer der Vertreibung gewürdigt hatte, distanziert. Belobradek habe dabei nicht die Regierung vertreten, betonte das Regierungsamt in einer Erklärung.

Sobotka würdigte zwar, dass „derartige Versöhnungsgesten“ wie jene Belobradeks „in das sich vereinigende Europa des 21. Jahrhunderts gehören und helfen, die Beziehungen zu verbessern“. Allerdings hätten „Ursache und Folge in den tschechisch-deutschen Beziehungen eine schlüsselhafte Bedeutung“, so der sozialdemokratische Regierungschef. „Es war Nazi-Deutschland, das die demokratische Tschechoslowakei zerschlagen und den Zweiten Weltkrieg entfacht hat.“

Das Regierungsamt erklärte in einer Presseaussendung, Belobradeks Besuch in München sei „kein von der Regierung gebilligter hochrangiger Staatsbesuch“ gewesen. Belobradek habe den Ministerpräsidenten in Bayern „in keinem Punkt des Besuches vertreten“.

Belobradek bestätigte unterdessen, er habe die Würdigung der Opfer der vertriebenen Sudetendeutschen mit Sobotka „nicht abgesprochen“. „Ich habe die Opfer der Gewalt vor allem als Christ und Vorsitzender der KDU-CSL gewürdigt“, so der Christdemokrat.

Scharfe Kritik an Belobradek übten auch die Kommunisten (KSCM). Ihr Vorsitzender, Vojtech Filip, bezeichnete den Besuch des Vize-Regierungschefs in München als „Respektlosigkeit“ und „Spott“ gegenüber den Opfern des Zweiten Weltkrieges. „Er hätte jene ehren sollen, die ihre Leben für unsere Freiheit geopfert haben. Nicht jene, die Hitler begeistert begrüßt haben“, kritisierte Filip.

Demgegenüber begrüßte die oppositionelle TOP 09 von Karel (Karl) Schwarzenberg die Geste Belobradeks. Der Vizechef von TOP 09, Miroslav Kalousek, sprach von einer „Versöhnungsgeste“. „Man sollte den Weg zur gegenseitigen Kommunikation und zur endgültigen Versöhnung suchen“, erklärte Kalousek.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren rund drei Millionen Angehörige der deutschen Minderheit aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben und enteignet worden. Diese schwierige Vergangenheit belastet die tschechisch-deutschen sowie die tschechisch-österreichischen Beziehungen noch immer.