Gabriel will Dialog über Wirtschaft und Menschenrechte mit dem Iran
Teheran (APA/dpa/Reuters) - Der Wettbewerb um Milliardengeschäfte mit dem Iran ist nach dem Atomabkommen eröffnet. Der deutsche Vizekanzler ...
Teheran (APA/dpa/Reuters) - Der Wettbewerb um Milliardengeschäfte mit dem Iran ist nach dem Atomabkommen eröffnet. Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel reist als „Türöffner“ für die deutsche Wirtschaft nach Teheran. Dort setzt er sich aber auch für einen Dialog über andere Themen ein.
Nach 14 Jahren Stillstand wollen Deutschland und Iran ihre regelmäßigen Konsultationen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit wieder aufnehmen. Erstmals seit 2001 soll Anfang nächsten Jahres die gemeinsame Wirtschaftskommission unter Leitung der zuständigen Minister wieder tagen, sagte Gabriel am Montag in Teheran nach einem Treffen mit Ölminister Bijan Namdar Zanganeh und iranischen Wirtschaftsvertretern.
Gleichzeitig warb der Vizekanzler für einen Dialog mit dem Iran über Menschenrechte, die Stellung der Frau und den Schutz religiöser Minderheiten. „Als Freunde wollen wir mit ihnen auch darüber reden“, sagte er. „Auch wirtschaftliche Freiheit braucht Individualität und die Entwicklung individueller Freiheiten.“
Gabriel setzte sich auch für eine stärkere Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung ein. Er bekräftigte, dass das Sicherheitsbedürfnis Israels nicht infrage stehen dürfe. „Für uns Deutsche ist die Sicherheit Israels auch von großer Bedeutung“, sagte Gabriel. „Wirkliche Freundschaft erweist sich dann, wenn man auch offen und partnerschaftlich und respektvoll über schwierige Themen sprechen kann. Dann zeigt sich erst, wie intensiv die Freundschaft ist.“
Der Iran erkennt das Existenzrecht Israels nicht an. Für Deutschland gehört die Sicherheit Israels dagegen zur Staatsräson.
Der deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister ist der erste westliche Spitzenpolitiker, der die Islamische Republik nach dem Atomabkommen vom vergangenen Dienstag besucht. In Wien hatten sich der Iran, die fünf UNO-Vetomächte und Deutschland auf ein Abkommen verständigt, das den Bau einer iranischen Atombombe verhindern soll. Im Gegenzug sollen die Wirtschaftssanktionen gegen das ölreiche Land schrittweise aufgehoben werden.
Mit dem Atomabkommen kämen auf den Iran eine wichtigere Rolle und neue Verantwortlichkeiten in der Region und in der Welt zu, sagte der Minister. Der Iran müsse zum Stabilisierungsfaktor in der Region und zum Motor für friedliche Konfliktlösungen werden. „Miteinander müssen wir in der Region alles tun, damit die kriegerischen Auseinandersetzungen beendet werden“, sagte der Vizekanzler mit Blick auf die Lage in Syrien, dem Irak und Jemen.
Gabriel und Ölminister Zangeneh kündigten an, sie wollten die gemischte deutsch-iranische Wirtschaftskommission wiederbeleben. Schon Anfang nächsten Jahres soll es auf Ministerebene in Teheran eine Sitzung dieses Gremiums geben, dass die deutsch-iranischen Beziehungen mit größerem Tempo voranbringen soll. „Darin sind wir uns einig“, sagte Gabriel. Die Kommission hatte zuletzt 2001 getagt. Beide Länder sehen große Chancen, ihre einstmals sehr engen und umfangreichen wirtschaftlichen Beziehungen nach dem Abschluss des Atomabkommens nun wieder erheblich ausweiten zu können
Am Nachmittag wollte Gabriel auch den iranischen Präsidenten Hassan Rohani treffen. Begleitet wird der Minister von rund einem Dutzend Wirtschaftsvertretern. Die deutschen Exporte sind im Zuge der Sanktionen eingebrochen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hofft nun, dass die Ausfuhren innerhalb von vier Jahren von 2,39 Milliarden im Jahr 2014 auf zehn Milliarden Euro mehr als vervierfacht werden können.
Gabriel sieht Potenzial vor allem in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Petrochemie oder erneuerbare Energie. Auch der iranische Wirtschaftsminister Zanganeh signalisierte großes Interesse an der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. „Es ist wichtig, dass strategische Beziehungen zwischen Iran und Deutschland gesehen und geplant werden.“