Einigung auf Flüchtlingsverteilung in Europa ungewiss
Brüssel (APA/AFP/dpa) - Die EU-Staaten streiten weiter über die Umverteilung tausender Flüchtlinge. Vor einem Sondertreffen der EU-Innenmini...
Brüssel (APA/AFP/dpa) - Die EU-Staaten streiten weiter über die Umverteilung tausender Flüchtlinge. Vor einem Sondertreffen der EU-Innenminister am Montagnachmittag fehlten noch Zusagen für die Aufnahme von fast 10.000 Menschen, wie die luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Sie gehören zu einer Gruppe von 40.000 Flüchtlingen aus den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland.
Die Staats- und Regierungschefs hatten auf ihrem Gipfel Ende Juni die Verteilung der 60.000 Flüchtlinge auf alle EU-Staaten beschlossen. Der Versuch, dies über verbindliche Quoten zu erreichen, scheiterte insbesondere am Widerstand Großbritanniens und mehrerer osteuropäischer Staaten. Die EU setzte deshalb nun auf freiwillige Zusagen aller Mitgliedstaaten bis Ende Juli. Zwei Mitgliedsstaaten hätten bis jetzt noch gar keine Zahlen genannt, erläuterte ein EU-Diplomat.
Bei ihrem letzten regulären Treffen am 9. Juli konnten sich die EU-Innenminister nicht auf die vollständige Verteilung einigen. Deshalb wurde das Sondertreffen am Montagnachmittag angesetzt. Einigkeit herrscht nur über die Aufnahme von 20.000 Menschen aus Flüchtlingslagern in Konfliktgebieten (vor allem im Nahen Osten). Ein Scheitern der Verhandlungen soll aber unter allen Umständen vermieden werden.
Die EU habe schon zahlreiche schwierige Verhandlungsphasen gehabt, und immer sei es gelungen, eine intelligente Lösung zu finden, heiß es von Seiten der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft. Deshalb werde auch bilateral mit den Staaten verhandelt. Jedenfalls werde an der 40.000-er Zahl nicht gerüttelt - „die wackelt nicht“, wurde in EU-Ratskreisen betont. Sich auf gar keine Zahl zu verständigen, wäre absolut keine Lösung.
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) schloss vor dem Treffen mit seinen Amtskollegen, das ebenfalls am Montag in Brüssel stattfand, eine volle oder abschließende Einigung „definitiv“ aus. „Selbst wenn es eine Einigung auf die 60.000 gäbe, wäre damit das Problem ja noch nicht gelöst. Wir hatten als EU im letzten Jahr über 600.000 Flüchtlinge. Heuer werden es über eine Million sein. Wenn sie hier 60.000 fairer verteilen in der EU, dann haben sie das Problem noch nicht gelöst.“ Kurz forderte deshalb mehr Solidarität von Europa.
Österreich sollte laut EU-Kommissionsvorschlag 1.657 aufnehmen, hat das aber so nicht akzeptiert, weil bereits 1.500 Syrer mittels Umsiedlung (Resettlement) aufgenommen worden seien. Allerdings hatte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) unlängst erklärt, Österreich erhöhe sein Angebot auf 400 Personen. Wenn gefragt werde, ob Österreich bereit sei, mehr aufzunehmen, „kann ich nur sagen, dass wir jetzt schon unter den Ländern sind, die die Hauptverantwortung tragen“, betonte Kurz. Eigentlich solle die Alpenrepublik deshalb entlastet werden.
Österreich ist unter zwei Bedingungen zur Übernahme von mehr Flüchtlingen bereit. Wenn „diese Länder stärker belastet sind als Österreich“ und „zur Gänze ihren Verpflichtungen“ nachkommen, also der „vollständigen Registrierung aller Flüchtlinge“, wie Mikl-Leitner im Ö1-Morgenjournal und ZDF-Morgenmagazin erklärte. Diese beiden Bedingungen sehe sie derzeit weder bei Griechenland noch Italien erfüllt: Einerseits bearbeite Österreich derzeit mehr Asylanträge als die beiden Staaten zusammen. Andererseits forderte die Innenministerin Rom und Athen auf, Hilfe anzunehmen. Es gehe um den Aufbau eines funktionierenden Asylsystems direkt an der Grenze, wo entschieden werden müsse, wer „Kriegsflüchtling und wer Auswanderer ist“.
Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier meinte, es sei „nicht sicher“, ob es bei dem Innenministertreffen schon zu einem abschließenden Ergebnis komme oder die Aufnahmezusagen der Mitgliedstaaten noch unter der angestrebten Zahl bleiben würden. Er hoffe aber, „dass es eine Entscheidung gibt“. Deutschland hat bereits die Aufnahme von insgesamt 12.100 Flüchtlingen zugesagt. Frankreich sagte die Aufnahme von insgesamt 9.100 Flüchtlingen zu.
Sollten sich die Minister nicht einigen können, wäre ein Ausweg, dass die angestrebten Verteilungszahlen nicht bereits ab 1. August vollständig feststehen. Das gesamte Programm sei über zwei Jahre angelegt und es könnte auch schrittweise gefüllt werden. Dabei könnten einige Staaten, die Probleme mit der Aufnahmekapazität haben, unterstützt werden, entweder finanziell oder technisch.