Prozess gegen Ex-Diktator Habre: „Wendepunkt für Justiz in Afrika“
40.000 Oppositionelle wurden während der Herrschaft von Hissene Habre im Tschad der Achtzigerjahre getötet. Jetzt muss er sich im Senegal vor einem Sondertribunal verantworten. UNO-Menschenrechtskommissar Al Hussein würdigt das Verfahren als „Wendepunkt“.
Dakar - 25 Jahre nach seinem Sturz muss sich der frühere Diktator des Tschad, Hissene Habre, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Folter vor Gericht verantworten. Der 72-Jährige wurde am Montag von Gefängniswärtern auf die Anklagebank eines Sondergerichts der Afrikanischen Union (AU) in der senegalesischen Hauptstadt Dakar geführt.
Habre, der ein weißes Gewand und einen Turban trug, reckte eine Faust in die Höhe und rief „Gott ist groß“. Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger afrikanischer Staatschef in einem anderen afrikanischen Land südlich der Sahara wegen Menschenrechtsverbrechen vor Gericht steht. Dem früheren liberianischen Kriegsherrn und Staatschef Charles Taylor war von einem Sondertribunal in Den Haag der Prozess gemacht worden.
„Afrikas Pinochet“
Habre hatte den Tschad von 1982 bis zu seinem Sturz 1990 mit harter Hand regiert und galt als „Afrikas Pinochet“. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten wurden während seiner achtjährigen Herrschaft 40.000 Oppositionelle und Angehörige ethnischer Gruppen getötet. Sie sehen in dem Prozess gegen Habre ein wichtiges Signal dafür, dass Verbrechen früherer oder amtierender afrikanischer Machthaber nicht ungesühnt bleiben.
Habre ist in seiner Heimat schon in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Da der Tschad aber nie die Auslieferung Habres beantragt hat, wurde der Senegal selbst aktiv. Die Jahre zuvor hatte aber auch der Senegal den Prozess verschleppt. Erst nach dem Amtsantritt von Präsident Macky Sall im Jahr 2012 kam Bewegung in das Verfahren. Im Dezember 2012 vereinbarte Dakar mit der AU die Einrichtung eines Sondertribunals. Im Juni 2013 wurde Habre festgenommen, seitdem steht er in seinem Haus in der senegalesischen Hauptstadt unter Arrest.
Nach Angaben seines Anwalts wollte Habre nicht zur Verhandlung erscheinen, weshalb er zwangsweise vorgeführt werden musste. Habre hatte schon im Vorfeld verkündet, dass er das Gericht nicht anerkennt und er sich nicht an dem Prozess beteiligen wird. Der Richter Gberdao Gustave Kam aus Burkina Faso sagte bei der Eröffnung des Verfahrens, dass sich Habre in dem Prozess nicht von Verteidigern vertreten lässt.
Anhänger Habres protestierten vor dem Gerichtsgebäude
In der Eingangshalle des Gerichtsgebäudes protestierten mehrere Anhänger Habres. Die Demonstranten riefen Sprechchöre, bis sie von der Polizei hinausgeworfen wurden. Einer der Unterstützer sagte, er sei „traurig“ und „beschämt“ über den Prozess gegen den „Befreier des Tschad“. Ein anderer bezeichnete das Verfahren als „westliche Verschwörung“.
Der UNO-Menschenrechtskommissar Zeid Ra‘ad Al Hussein würdigte das Verfahren dagegen als „einen Wendepunkt für die Justiz in Afrika“. Der Prozess vor einem Sondergericht sei ermöglicht worden durch Habres Opfer und „ihre unermüdliche und bemerkenswerte Suche nach Gerechtigkeit“, erklärte er in Genf. Der Prozess zeige, dass Politiker, denen Menschenrechtsverbrechen zur Last gelegt würden, der Justiz nicht dauerhaft entkommen könnten. (APA/AFP/dpa)