Tirol

Psychologische Hilfe nach fingiertem Raub

Ein Polizist vor dem angeblich überfallenen Geldtransporter. Der Raub war fingiert, dennoch begab sich der Lenker in Psychotherapie.
© Zoom Tirol

Nach der Klärung des Innsbrucker Millionen-Coups hat die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift in Rekordzeit fertig gestellt.

Von Thomas Hörmann

Innsbruck –Nur vier Wochen nach der Klärung des größten Coups in der Tiroler Kriminalgeschichte hat die Innsbrucker Staatsanwaltschaft die Anklageschrift fertig gestellt. Und daraus geht auch hervor, wie dreist einer der beiden Hauptangeklagten als angebliches Raubopfer das Sozialsystem ausnutzte. Inklusive Psychotherapie für ein nie erlittenes Trauma.

Insgesamt werden sich fünf Männer aus dem Großraum Innsbruck vor dem Landesgericht verantworten müssen. Allerdings mit unterschiedlicher Rollenverteilung.

Als Hauptbeschuldigte gelten zwei ehemalige Mitarbeiter (27 und 40 Jahre) der Geldtransportfirma C3. Den Männern wird vorgeworfen, ihren Arbeitgeber im Februar 2014 bei einem fingierten Überfall um 295.000 Euro geprellt zu haben. Ein 29-Jähriger soll als Komplize einen der beiden Hauptbeschuldigten zum Treffpunkt nach Jenbach gebracht haben. Der Staatsanwalt geht auch davon aus, dass der Komplize in die Planung des Coups miteingebunden war. Auch wenn das der 29-Jährige bestreitet.

Zehn Monate später, am 20. Dezember 2014, drangen die beiden Hauptbeschuldigten laut Anklage in den Tresorraum der Firma C3 in der Innsbrucker Andechsstraße ein. Aus 13 Geldschränken erbeuteten die Männer angeblich 2,74 Millionen Euro. Dabei hatten die Beschuldigten leichtes Spiel, da alle Tresore durch denselben 12-stelligen Code gesichert waren. Und diesen Code kannten die ehemaligen Mitarbeiter der Firma. Der 29-Jährige und der vierte Angeklagte (34) standen Schmiere. Sie überwachten zwei Polizeiinspektionen, um bei einem Blaulicht-Einsatz die Hauptbeschuldigten zu warnen. Der fünfte Beschuldigte (21) spielte nur eine Nebenrolle. Der Sohn des 40-jährigen Hauptangeklagten wurde erst Anfang Juni von seinem Vater eingeweiht. Aus Angst vor seiner baldigen Ausforschung erzählte der 40-Jährige dem Sohn vom Coup im Dezember und bat ihn, 609.000 Euro zu verstecken. Was der 21-Jährige auch tat – der Handwerker deponierte die Beute in der Zwischenwand einer ahnungslosen Kundin. Der kurioseste Anklagepunkt betrifft nur den 27-jährigen Hauptbeschuldigten. Der ehemalige C3-Mitarbeiter saß am Steuer des Geldtransporters, der im Februar 2014 auf der Autobahn bei Hall von drei falschen Polizisten angeblich überfallen wurde. Ein fingierter Raub – tatsächlich ist der 40-jährige Komplize bei Jenbach zugestiegen und hat während der Fahrt die Geldbehälter aufgebrochen. Auf einem Gasthausparkplatz stellten die beiden Beschuldigten den Transporter ab. Während sich der 40-Jährige absetzte, verpasste sich der Fahrer selbst einen Faustschlag. Dann knebelte und fesselte sich der 27-Jährige wartete auf der Innpromenade auf Hilfe.

Nach dem „Raub“ sah sich der Angeklagte nicht mehr in der Lage, Geldtransporte durchzuführen – fünf Wochen Krankenstand. Außerdem kassierte er für seine (selbst zugefügten) Verletzungen mehrere tausend Euro Schmerzensgeld. Als im Mai 2014 ein weiteres Fahrzeug der Firma überfallen wurde, gab der nunmehrige Innendienstler vor, dadurch einen „Flashback“ erlitten zu haben und wieder traumatisiert worden zu sein. Die Folge: Weitere vier Monate Krankenstand, außerdem ließ sich der 27-Jährige wochenlang von einem Psychotherapeuten behandeln. Der Schaden durch den Betrug: knapp 20.000 Euro.

Rechtsanwalt Hermann Holzmann, der drei der fünf Beschuldigten vertritt, wird die Anklage nicht beeinspruchen. Er hofft, „dass die umfangreichen Geständnisse und die Unbescholtenheit der Angeklagten vom Gericht mildernd bewertet werden“.

Für Sie im Bezirk Innsbruck unterwegs:

Michael Domanig

Michael Domanig

+4350403 2561

Verena Langegger

Verena Langegger

+4350403 2162

Renate Perktold

Renate Perktold

+4350403 3302

Verwandte Themen