Cabassis feuriger Ernst
Erstmals im Festspielhaus: Pianist Davide Cabassi gab nach vielen „Cabassi & friends“-Abenden wieder ein Solorecital.
Von Ursula Strohal
Erl –Man könnte ihn den Haus- und Hofpianisten der Tiroler Festspiele nennen, klänge das nicht hausbacken. Davide Cabassi, dessen Hochbegabung und künstlerischen Ernst Gustav Kuhn früh erkannte, ist in eine internationale Karriere hineingewachsen. Nun war er am Dienstag solistisch zurück, mit einem feurigen Programm, dessen Zusammenstellung ein musikwissenschaftliches Seminar ergäbe, angeheizt dadurch, dass er scheinbar konträre Kompositionen nahtlos verband. So verschmolzen Arnold Schönbergs Sechs kleine Klavierstücke op. 19 mit der h-Moll-Klaviersonate von Franz Liszt, und nach der Pause Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge in h-Moll mit Frédéric Chopins Klaviersonate in h-Moll, op. 58.
Den zwar heftigen und großteils an einem Tag entstandenen, aber äußerst reduzierten kleinen Stücken Schönbergs stand, verbunden durch die langsame Einleitung, Liszts pianistische Ballung gegenüber. Ein Hinweis darauf, dass nicht nur der später Geborene, sondern auch Liszt wagemutig war, dass innerhalb des Ganzen das Detail Gewicht hat und dass der einzelne Ton in seiner Erscheinung und Beziehung zum nächsten Ton nicht weniger „wert“ ist als der exzessive Tastendonner. Die Schönberg-Stücke einleitend als Schule des Hörens.
Cabassis manuelle Fähigkeiten sind atemberaubend, aber auch in der Glut der schwierigsten, lautesten Passagen zeigt er seine Nachdenklichkeit und die Ausdruckskraft, die im pianistischen Glanz liegen kann, wenn er sich nicht als Selbstzweck gebärdet. So ging es bei Bach nicht um aufführungstechnische Fragen, sondern um Inhalt, und die Chopin-Sonate lenkte, vielfach gefärbt, die Aufmerksamkeit auch auf Cabassis differenzierte Anschlagskultur. Ein großer, reicher Klavierabend, in Debussys Klangkosmos hinein erweitert (Zugabe).