Neues Konzept zur Entstehung von aggressivem Prostatakrebs
Wien (APA) - 143.000 Männer leben in Österreich mit der Diagnose Krebs, 55.000 davon haben Prostatakarzinome. Das größte Problem liegt darin...
Wien (APA) - 143.000 Männer leben in Österreich mit der Diagnose Krebs, 55.000 davon haben Prostatakarzinome. Das größte Problem liegt darin, dass man derzeit nicht unterscheiden kann, ob eine aggressive Form der Erkrankung vorliegt oder nicht. Eine internationale Studiengruppe mit maßgeblicher Beteiligung aus Wien hat jetzt einen möglichen Ansatzpunkt für eine genauere Diagnose gefunden.
Die Studie ist in „Nature Communications“ erschienen. Federführend beteiligt waren Wissenschafter um Lukas Kenner vom Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung in Wien bzw. vom Klinischen Institut für Pathologie von MedUni Wien und AKH. Der Pathologe: „Die Studie kehrt das Bild von den Mechanismen, die zum aggressiven Wachstum von Prostatakarzinomen führen, um.“
So dachte die Wissenschaft bisher, dass man solche Karzinome durch die Hemmung des entzündungsfördernden Immunbotenstoffs Interleukin-6 (IL-6) behandeln könnte. Kenner: „Das hat aber keinen Effekt gezeigt.“ Laut den Experten ist es eigentlich umgekehrt. Der Wiener Wissenschafter: „Wir haben im Mausmodell und auch anhand von Patientendaten zeigen können, dass die Hemmung von Interleukin-6 zum schnellen Wachstum und zur frühen Metastasierung von Prostatakarzinomen führt.“
Von IL-6 hängt die Funktion der Gene Stat3 und Pten ab, welche für die Proteine STAT3 und PTEN kodieren. Schaltete man diese in transgenen Mäusen ab, starben die Tiere deutlich schneller. Kenner: „Das könnte in Zukunft Auswirkungen auf die Therapie haben.“ Überlegenswert wären eventuell Konzepte, mit denen man die Produktion Interleukin 6 sogar fördere statt bremse. IL-6 verursacht offenbar eine Alterung der Prostatakarzinom-Zellen, was ihr Absterben begünstige.
Eventuell aber noch wichtiger könnten die neuen Erkenntnisse für die Diagnose und die Einschätzung des Schweregrades der Erkrankung werden. Der Pathologe: „Die meisten Männer, die an einem Prostatakarzinom erkranken, sterben mit, aber nicht durch dieses Karzinom. Wir haben aber derzeit keine genauen Verfahren, um zu bestimmen, ob es sich bei einem Patienten um eine aggressive oder eher gutartig verlaufende Erkrankung handelt.“ Tests auf IL-6 oder STAT3 bzw. PTEN würden offenbar genauere Aussagen erlauben. PTEN ist jener Tumor-Suppressor, der beim Prostatakarzinom am häufigsten mutiert ist oder überhaupt fehlt.
Die Problematik fehlender Verfahren zur Prognose des Verlaufes von Prostatakarzinomerkrankungen führt dazu, dass 20 bis 40 Prozent der Patienten aggressiv behandelt werden, ohne dass dafür eigentlich ein Grund besteht. Die radikale Operation, Bestrahlung und/oder medikamentöse Therapien haben häufig schwere Nebenwirkungen.