Neuer Cholesterinsenker in Europa zugelassen
Wien (APA) - Die Europäische Kommission hat einem neuen und offenbar sehr wirksamen Cholesterinsenker des US-Biotechkonzerns Amgen die Markt...
Wien (APA) - Die Europäische Kommission hat einem neuen und offenbar sehr wirksamen Cholesterinsenker des US-Biotechkonzerns Amgen die Marktzulassung erteilt. Auch in den USA soll der monoklonale Antikörper zugelassen werden. Das Mittel ist vor allem für Patienten mit erblich bedingt stark erhöhten LDL-Cholesterinwerten im Blut vorgesehen, ebenso, wenn eine herkömmliche Behandlung nicht ausreicht.
Bei dem Arzneimittel handelt es sich laut dem Unternehmen um den weltweit ersten zugelassenen PCSK9-Inhibitor. Der vollhumane monoklonale Antikörper („Repatha“) hemmt ein Enzym (Proprotein Konvertase Subtilisin/Kexin Typ 9), das die Entfernung von „bösem“ LDL-C-Cholesterin aus dem Blut durch die Leber behindert. PCSK9 bindet an den Rezeptor für das LDL-Cholesterin auf Leberzellen und ruft den Abbau des Rezeptors hervor. Dadurch reduziert es die Fähigkeit der Leber, das LDL-C, auch „böses“ Cholesterin genannt, aus dem Blut zu entfernen.
Die Europäische Kommission hat die Zulassung des Arzneimittels für die Behandlung speziell von Patienten mit Formen familiär bedingter Hypercholesterinämie erteilt. Die Therapie kann auch in Kombination mit den sogenannten Statinen erfolgen. Verwendet werden kann das neue Biotech-Medikament auch, wenn mit der herkömmlichen Therapie unter Verwendung der maximal tolerablen Dosis an Statin-Cholesterinsenkern keine ausreichende Reduktion des LDL-Blutfettwerts zu erzielen ist.
Fachleute gehen davon aus, mehr als 60 Prozent der Hochrisiko-Patienten in Europa ihre LDL-C-Spiegel im Blut mit den millionenfach bewährten Statinen oder anderen bisher zugelassenen Lipidsenkern nicht adäquat reduzieren können. Die Gesundheitskosten für kardiovaskuläre Erkrankungen in der Europäischen Union (EU) belaufen sich auf ca. 106 Milliarden Euro pro Jahr.
„Die effektive Kontrolle von LDL-C ist ein Schlüsselelement im modernen Lipidmanagement (Blutfette; Anm.), insbesondere bei Hochrisiko-Patienten“, wurde Christoph Ebenbichler von der Universitätsklinik für Innere Medizin I (Endokrinologie, Gastroenterologie und Stoffwechselerkrankungen) der Medizinischen Universität Innsbruck in einer Aussendung von Amgen zitiert. Mit dem Arzneimittel käme das erste Präparat einer neuen Substanzklasse. In klinischen Untersuchungen hätten zu 94 Prozent der Patienten den geforderten empfohlenen LDL-Zielwert erreicht haben, erläuterte Ebenbichler, der mit seinem Studienteam österreichweit die meisten Patienten in das Forschungsprogramm aufnehmen hatte können.
In den Wirksamkeitsstudien mit bis zu rund 6.000 Patienten zeigte sich eine Verringerung der LDL-C-Konzentration im Blut um 55 bis 75 Prozent. Es traten nicht mehr Nebenwirkungen als unter Verwendung eines Placebos auf. Das Arzneimittel muss regelmäßig unter die Haut injiziert werden.
Eine Untergrenze für „verträgliche“ LDL-Spiegel im Blut gibt es offenbar nicht. Die Konzentration an „bösem“ LDL-Cholesterin im Blut kann scheinbar gar nicht niedrig genug sein, um „Herzinfarkt & Co.“ zu verhindern. Neue Behandlungskonzepte erlauben die Absenkung auf sogar unter 50 Milligramm LDL-Blutfett pro Deziliter. Das entspricht dem Wert von Neugeborenen, hat erst vor kurzem der Wiener Kardiologe Gerald Maurer (MedUni Wien/AKH) bei einer Pressekonferenz in Wien erklärt. Bei Hochrisikopatienten werden LDL-Werte von 70 Milligramm pro Deziliter Blut angepeilt.