„Bei Zugabe Mord!“: Salzburger Festspielkrimi von Tatjana Kruse
Salzburg/Wien (APA) - Die Neuinszenierung der „Entführung aus dem Serail“ wird nach zwei brutalen Morden abgesagt. Festspielpräsidium, Regis...
Salzburg/Wien (APA) - Die Neuinszenierung der „Entführung aus dem Serail“ wird nach zwei brutalen Morden abgesagt. Festspielpräsidium, Regisseur und Kollegen sind untröstlich - doch die Verbrechensserie reißt nicht ab. Wer vermutet, dass es sich hier um eine reine Erfindung handelt, liegt richtig. Kurz vor der offiziellen Eröffnung der Salzburger Festspiele ist nämlich ein Festspielkrimi erschienen: „Bei Zugabe Mord!“
Die Welt der Oper ist auf der Bühne ein Brennglas der elementaren menschlichen Triebe und hinter den Kulissen voller kleiner Tragödien. Das macht sich die süddeutsche Krimiautorin Tatjana Kruse zunutze und schildert in ihrem Buch die Endproben einer Star-besetzten Opernproduktion in der Mozartstadt, bei denen die Nerven der Beteiligten ohnedies blank liegen. Da bräuchte es nicht erst einen mit einer Motorsäge abgetrennten Kollegenkopf, den die amerikanische Sopranistin Pauline Miller ausgerechnet in einem am Herd köchelnden Kochtopf findet.
Mit der Diva, die in der Folge im Zentrum einer Mordserie steht, die eine blutige Schneise durch die Sängerwelt schlägt, hat Kruse nach dem pensionierten stickenden schwäbischen Kommissar Siggi Seifferheld eine weitere außergewöhnliche Krimi-Serien-Figur geschaffen: eine mächtige Matrone, die es genießt, kürzlich in die A-Liga der Opernstars aufgestiegen zu sein, und sich bemüht, möglichst alle Allüren, die von exaltierten Super-Promis erwartet werden, zu erfüllen. Dazu zählen etwa exzessiver Mozartkugel-Verzehr sowie ein Schoßhund, der an eine große Ratte erinnert und bei jeder Aufregung in sofortigen Tiefschlaf verfällt.
Skurrile Details, schwarzer Humor und ironisch überzeichnete Milieuschilderungen zählen zu den Stärken von „Bei Zugabe Mord!“, Spannungsaufbau oder Raffinesse bei der Suche nach Verdächtigen und der Entwicklung möglicher Motive zu den Schwächen. Der Salzburger Kommissar Pittertatscher macht bei seinen Ermittlungen denkbar schlechte Figur, und auch die als Hauptverdächtige geltende Diva entwickelt in höchster Not keineswegs hobbykriminalistische Qualitäten, sondern verlässt sich ganz auf Glück und Intuition.
Das genügt zwar nicht, aus Pauline Miller eine Miss Marple zu machen, wird ihr aber dennoch künftig weitere Aufklärungsarbeit verschaffen. Die Nische „Festspielkrimi“ war im bereits extrem ausdifferenzierten Krimi-Genre offenbar noch eine Marktlücke. Und so muss im nächsten Jahr mit kriminellen Untrieben in Bregenz und 2017 mit einer Mordserie in Bayreuth gerechnet werden. Die Sängerin soll ihre Engagements bereits abgeschlossen haben.
(S E R V I C E - Tatjana Kruse: „Bei Zugabe Mord! Eine Diva ermittelt im Salzburger Festspielhaus“, Haymon Taschenbuch, 248 S., Paperback, 9,95 Euro)