Podemos will Katalanen bei Regionalwahlen „verführen“

Barcelona/Madrid (APA) - Pablo Iglesias, Frontmann der spanischen Protestpartei Podemos (Wir können), nimmt sich eigentlich selten ein Blatt...

Barcelona/Madrid (APA) - Pablo Iglesias, Frontmann der spanischen Protestpartei Podemos (Wir können), nimmt sich eigentlich selten ein Blatt vor den Mund. Der Protest gegen die unpopuläre Austeritätspolitik der konservativen Regierung, die Kritik an den Korruptionsskandalen der politischen „Kaste“ sowie der Unfähigkeit der linken Traditionsparteien, seit Jahren keine echte politische Alternative bieten zu können, haben zum kometenhaften Aufstieg seiner Partei geführt.

Doch wenn es um das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen geht, die am 27. September in einer Art „plebiszitärer“ Wahl über ihre Unabhängigkeit abstimmen wollen, wird der sonst so wort- und kritikgewaltige Iglesias ungewöhnlich zurückhaltend. Bisher hat es die basisdemokratische Formation noch nicht geschafft, eine klare Stellung zur katalanischen Unabhängigkeitsfrage zu beziehen. So spricht auch Pablo Iglesias den knapp sieben Millionen Katalanen zwar ein Selbstbestimmungsrecht zu. Dennoch stellt er auch immer wieder klar, Katalonien habe nicht die Kompetenz, einseitig seine Unabhängigkeit zu erklären.

„Er weiß, dass ein klares Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht der Katalanen seiner Partei viele Stimmen bei den spanischen Parlamentswahlen im November kosten könnte. Andererseits möchte seine Partei im September auch im katalanischen Regionalparlament möglichst stark werden und muss dafür Stellung beziehen“, erklärt Joan Botella, Politologe an der Autonomen Universität in Barcelona, im APA-Gespräch.

Rechtzeitig zum beginnenden Vorwahlkampf hat Pablo Iglesias nun seine „Strategie“ klargemacht. Um den Dauerkonflikt zwischen Madrid und Barcelona über die zunehmenden Unabhängigkeitswünsche vieler Katalanen zu beenden, bedürfe es vor allem von spanischer Seite mehr Toleranz und Verständnis. „Wenn man in Katalonien ist und das Verhalten der konservativen PP-Regierung sieht, ist es normal, dass viele Katalanen sich von Spanien trennen wollen“, erklärte Iglesias noch am Mittwoch dem Radiosender Cadena Ser. Seine Partei wolle Katalonien „verführen“ und nicht wie die konservative Volkspartei (PP) durch „Tölpelhaftigkeit“ vor den Kopf stoßen, so der linke Shootingstar.

Damit bezog sich Iglesias direkt auf die scharfe Kritik des spanischen Innenministers Jorge Fernandez Diaz an Pep Guardiolas Kandidatur in der separatistischen Einheitsliste „Juntos por el si“ (Zusammen für das Ja). Fernandez Diaz bezeichnete Guardiolas Entscheidung, auf diese Weise bei den Regionalwahlen für die Unabhängigkeit zu werben, am Dienstag als „traurig und bedauernswert“. Es zeige, so Fernandez Diaz weiter, dass der derzeitige Trainer des FC Bayern München während seiner Zeit als aktiver Fußballer zudem nur wegen des Geldes für die spanische Nationalmannschaft gespielt habe. Den Separatisten um Kataloniens Ministerpräsidenten Artur Mas riet er, ihre Kräfte nicht zu vergeuden. „Diese Herren werden Spanien nicht auseinanderbrechen“, sagte der Minister. „Katalonien wird auch weiterhin zu Spanien gehören.“

Für Iglesias sind diese Aussagen ein weiteres Kapitel in der „Ungeschicklichkeit und Borniertheit“ der konservativen Regierungspartei, mit der Selbstbestimmungsfrage in Katalonien umzugehen. Es helfe nicht, den Katalanen nur vor den Kopf zu stoßen. „Wenn es in Katalonien eine große Mehrheit für die Unabhängigkeit geben sollte, wäre es unverantwortlich, nichts zu tun“, stellte der Podemos-Chef klar. Das ist vage, aber pragmatisch und setzt vor allem dem politischen Hauptgegner, der PP, zu - und könnte den Linken bei den katalanischen Regionalwahlen damit so einige Stimmen bringen.