Die Formel 1 sucht in Ungarn den Weg zurück zur Normalität
Der schwere Weg zurück: Nach dem Begräbnis des Franzosen Jules Bianchi steht der letzte Formel-1-Grand-Prix vor der Sommerpause in Ungarn an.
Von Daniel Suckert
Innsbruck – Es wird kein Wochenende wie jedes andere sein, wenn die Formel 1 dieser Tage ihre Zelte am Hungaroring aufstellt. Dafür war die Woche mit dem Tod und dem Begräbnis von Jules Bianchi zu emotional. Unbeschwert kann keiner der 20 Rennfahrer aufs Gaspedal drücken. Nichtsdestotrotz soll der PS-Alltag in der Puszta wieder die Fesseln der Schockstarre lösen und dem teuersten Kreisverkehr der Welt ein Stück Normalität zurückgeben. „Hinter der gesamten Motorsport-Familie liegt eine schwierige und emotionale Woche“, versuchte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff die Ereignisse in Worte zu fassen. „Wir werden Jules ehren, indem wir unter der Leitung der FIA weiter an der Sicherheit arbeiten.“
Gestern verlautbarte der Weltverband FIA, dass am Rennsonntag um 13.45 Uhr eine Schweigeminute abgehalten werde. In den Foren wurde derweilen rund um die Bianchi-Tragödie immer wieder an die Ereignisse nach dem schwarzen Imola-Wochenende vor 21 Jahren erinnert. Da folgte im Fürstentum von Monaco der nächste Tiefschlag für die Formel-1-Familie, als der Tiroler Karl Wendlinger einen folgenschweren Unfall erlitt, der sein Leben veränderte. Insgesamt lag Wendlinger 19 Tage im künstlichen Koma, fünfeinhalb Monate danach kehrte er noch einmal zurück in die elitäre Rennserie.
Der Wendlinger-Crash hatte 1994 kurzzeitig Panik innerhalb der FIA ausgelöst. Zu viel war in kürzester Zeit auf dem glühenden Asphalt passiert. Max Mosley, damals Präsident, hatte bereits unmittelbar nach dem Monaco-Grand-Prix einen radikalen technischen Schnitt für das Folgerennen in Barcelona angekündigt: Gewichtzunahme, weniger Abtrieb und weniger Motoren-Leistung. So lautete der erste Forderungskatalog des Briten, gegen den die Teams unmittelbar danach schon Sturm liefen.
Spannungs-Diskussion nach der Sommerpause
21 Jahre später sieht der Status quo im Schatten des Bianchi-Dramas ganz anders aus. Es ist noch nicht lange her, da wurde hitzig über das fehlende Gefahren- und Spannungspotenzial diskutiert. Heute seien die Boliden zu technisch und das Fahren zu leicht. Solche Diskussionen dürften jedoch – aus Pietätsgründen – erst wieder nach der Sommerpause aufkochen.
Sportlich steht mit dem kurvenreichen Ungarn-GP ein „heißer“ Auftritt am Wochenende bevor. Einerseits wegen der stets hohen Temperaturen, andererseits weil der silberne Zweikampf zwischen Weltmeister Lewis Hamilton (GBR) und seinem deutschen Teamkontrahenten Nico Rosberg neu aufleben sollte.
Die fahrende Konkurrenz sieht aber gerade in puncto Hitze eine goldene Chance, endlich die Silbernen zu schlagen. Besonders die Roten rund um den vierfachen Champion Sebastian Vettel konnten ihren größten Erfolg der Saison bei Temperaturen jenseits der 30 Grad in Malaysia feiern.
Taten, die vor allem Vettels Teamkollegen Kimi Räikkönen motivieren sollten. Denn der „coole“ Finne steht in Budapest mehr denn je unter Druck. Geht es nach den italienischen Medien, soll sein Ferrari-Cockpit 2016 an Landsmann Valtteri Bottas gehen.