Germanwings-Absturz - Zweite Beerdigung in angespannter Stimmung
Düsseldorf/Seyne-les-Alpes (AFP) - Es wird eine schmerzhafte Rückkehr zum Ort der Katastrophe. Vier Monate nach dem Germanwings-Absturz komm...
Düsseldorf/Seyne-les-Alpes (AFP) - Es wird eine schmerzhafte Rückkehr zum Ort der Katastrophe. Vier Monate nach dem Germanwings-Absturz kommen am Freitag hunderte Angehörige der Opfer zu einer erneuten Trauerfeier in den französischen Alpen zusammen. In der Ortschaft Le Vernet werden dann in einem Gemeinschaftsgrab auch die Leichenteile beigesetzt, die keinem der Opfer zugeordnet werden konnten.
Doch überschattet wird die Zeremonie vom Streit über Entschädigungszahlungen der Lufthansa. Und so bereitete der Fluggesellschaft Kopfzerbrechen, ob Konzernchef Carsten Spohr nach Le Vernet reisen sollte.
150 Menschen starben, als der Airbus der Lufthansa-Tochter Germanwings am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen zerschellte. Das Unglück sorgte für Entsetzen - das noch größer wurde, als die Absturzursache bekannt wurde: Der Copilot Andreas L., davon sind die Ermittler überzeugt, steuerte die Maschine absichtlich ins Verderben. Er litt seit langem unter Depressionen und hatte sich vor dem Todesflug im Internet über Möglichkeiten des Suizids informiert.
Immer wieder sind Angehörige der Opfer nach der Katastrophe in das Alpendorf Le Vernet gereist, das nahe der Absturzstelle liegt und in dem eine Gedenktafel an die Toten erinnert. Doch die Zeremonie am Freitag wird für sie noch einmal besonders schwierig. Denn zwar konnten sterbliche Überreste aller 150 Todesopfer - unter ihnen 72 Deutsche - identifiziert, in ihre Heimat überführt und beigesetzt werden. Doch viele Leichenteile konnten niemandem zugeordnet werden. Sie werden jetzt in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof von Le Vernet bestattet.
„Für die Familien der Opfer ist das eine zweite Beerdigung“, sagt der Bürgermeister von Le Vernet, François Balique. „Es gibt keine andere Lösung als ein Gemeinschaftsgrab. Das sind schwierige Bedingungen für die Familien, für sie wird es hart.“ Zunächst wird der Bischof der Alpenstadt Digne an der Gedenkstelle eine Trauerzeremonie leiten, an der auch ein evangelischer Pastor, ein Imam und ein Rabbiner teilnehmen sollen. Anschließend gehen die Angehörigen zum nahegelegenen Friedhof, um am Gemeinschaftsgrab der Toten zu gedenken.
Wie bei vorhergehenden Trauerfeiern auch fliegt die Lufthansa die Familien zu der Zeremonie, erwartet werden rund 200 bis 300 Angehörige. Zwei Sonderflüge setzt die Lufthansa dazu von Düsseldorf und Barcelona aus ein.
Doch das dürfte nichts an dem Zorn ändern, den viele Angehörige derzeit gegen die Fluggesellschaft hegen. In einem Anfang der Woche veröffentlichten Brief erhoben Opferfamilien schwerer Vorwürfe gegen Lufthansa-Chef Spohr: Sie kritisierten das Entschädigungsangebot der Fluggesellschaft und warfen dem Spitzenmanager vor, nicht mit ihnen persönlich gesprochen zu haben. „Das Leben eines jeden unserer Kinder und unseren Schmerz mit 45.000 Euro zu bemessen, beleidigt uns und vor allem unsere Kinder zutiefst.“
Die Lufthansa hat die genannten Zahlen zurückgewiesen. Sie beteuert, im Schnitt würden die Hinterbliebenen mehr als 100.000 Euro Entschädigung erhalten. War der Tote Hauptverdiener einer Familie, könnten es sogar mehr als eine Million Euro werden.
Doch der Zwist hängt wie eine dunkle Wolke über der Trauerfeier. Die Lufthansa grübelte noch am Donnerstag, ob Spohr wie vorgesehen nach Le Vernet reisen sollte. Die Frage sei „ob das passend ist“, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Die Situation sei „emotional sehr aufgeladen“, die Trauerzeremonie „ein wichtiger und sensibler Moment“. Im Klartext: Spohr könnte bei den Angehörigen gar nicht willkommen sein.
Die französischen Behörden haben unterdessen alles in die Wege geleitet, damit die Angehörigen noch einmal in Ruhe von ihren Toten Abschied nehmen können. Ein Sichtschutz am Friedhof soll ihnen Intimität garantieren, 150 Gendarmen werden das Dorf abriegeln.