Griechenland - Weg für Verhandlungen über drittes Hilfspaket frei

Athen/Brüssel (APA/AFP) - Der Weg für Verhandlungen über ein neues Milliarden-Hilfspaket für Griechenland ist frei: Das griechische Parlamen...

Athen/Brüssel (APA/AFP) - Der Weg für Verhandlungen über ein neues Milliarden-Hilfspaket für Griechenland ist frei: Das griechische Parlament stimmte am Donnerstag nach einer hitzigen Debatte bis in die frühen Morgenstunden einem von den Gläubigern geforderten, zweiten Reformpaket zu.

36 Abgeordnete aus dem linken Regierungslager verweigerten dem Kurs jedoch ihre Zustimmung, Ministerpräsident Alexis Tsipras konnte die Reformen erneut nur mit Hilfe der Opposition durchsetzen. Die Abstimmung galt als wichtiger Test für Tsipras, dem bereits beim ersten Spar- und Reformpaket in der vergangenen Woche 39 Abgeordnete aus dem eigenen Lager die Gefolgschaft verweigert hatten. Nun votierten 31 Abgeordnete von Tsipras‘ Syriza-Partei dagegen, fünf enthielten sich.

Zwar kam mit 230 von 298 Stimmen dennoch eine komfortable Mehrheit für die Gesetzesänderungen im Justizsystem und im Bankenwesen zustande. Regierungssprecherin Olga Gerovassili räumte jedoch ein, dass die Spaltung innerhalb des Regierungsbündnisses unübersehbar sei. Analysten gehen davon aus, dass der populäre Tsipras wegen der Widerstände gegen seinen Reformkurs im eigenen Lage zu vorgezogenen Neuwahlen gezwungen sein könnte.

Die Reformen gehören zu den von den Gläubigern geforderten Vorleistungen Athens für ein drittes Hilfsprogramm. Vor einer Woche hatte das Parlament bereits schmerzhafte Einschnitte und Reformen verabschiedet, darunter eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Die Verhandlungen über ein neues Milliarden-Hilfspaket könnten bereits am Freitag vor Ort in Griechenland beginnen. Experten von EU, Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und dem Rettungsfonds ESM wollten voraussichtlich nach Athen reisen. Der Termin war aber noch nicht endgültig bestätigt. Die Verhandlungen sollen bis spätestens Mitte August abgeschlossen werden. Der Finanzbedarf Athens für die kommenden drei Jahre wird auf bis zu 86 Milliarden Euro beziffert.

Regierungschef Tsipras verteidigte die nun beschlossenen Reformen im Parlament als notwendig. Seine Regierung habe auf Druck der EU, der EZB und des IWF einen „schwierigen Kompromiss“ eingehen müssen und sehe sich dazu gezwungen, ein Abkommen umsetzen, „an das wir nicht glauben“. Er werde aber weiter dafür kämpfen, möglichst günstige Bedingungen für Griechenland auszuhandeln. „Wir werden keine Feiglinge sein. Wir werden die Kämpfe, die vor uns liegen, mit Entschlossenheit führen“, sagte Tsipras. Gleichzeitig rief er die Abgeordneten dazu auf, sich den „neuen Realitäten“ anzupassen. „Der schmerzhafte Weg hört hier leider noch nicht auf“, sagte Tsipras.

Beim zweiten Teil der umstrittenen Reformmaßnahmen ging es unter anderem um die Umsetzung der europäischen Bankenrichtlinie sowie um mehr Liquidität für die von einer dreiwöchigen Schließung betroffenen Banken, einen transparenteren Justizapparat und eine Beschleunigung von Versteigerungen. Eine Abschaffung der Frühverrentung wurde in Abstimmung mit der EZB, dem IWF und der EU-Kommission auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Diese Gläubiger-Institutionen zeigten sich am Donnerstag zufrieden mit den jüngsten Beschlüssen. Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte via Kurzbotschaftendienst Twitter, die zweite Serie geforderter Reformen sei „rechtzeitig und in insgesamt zufriedenstellender Weise“ umgesetzt worden.

Vor dem Parlamentsgebäude in Athen hatten sich am Mittwochabend etwa 6.000 Gegner der Sparpolitik versammelt. Die Polizei riegelte den Sitz der Volksvertretung ab, nachdem es in der vergangenen Woche bei einer Demonstration schwere Auseinandersetzungen gegeben hatte. Auch am Mittwochabend wurden einige Brandsätze in Richtung der Polizei geworfen.

(NEU: Einzelheiten zu den anstehenden Verhandlungen über das neue Hilfspaket für Griechenland, Reaktion der Gläubiger auf Abstimmung im griechischen Parlament)