See: Zehn Mio. Euro in zehn Jahren
Das Verbauungsprojekt für den Schallerbach wurde vorgestellt. Herzstück ist eine bis zu 16 Meter hohe Stahlbetonsperre und ein fast doppelt so großes Murbecken als bisher.
Von Matthias Reichle
See, Kappl –Vor eineinhalb Monaten war den Bewohnern von See und Kappl noch Fassungslosigkeit und Verzweiflung ins Gesicht geschrieben – inzwischen ist im Blick schon so etwas wie Optimismus zu lesen. Die Wildbach- und Lawinenverbauung präsentierte am Donnerstagabend ihre Pläne für die Maßnahmen am Schallerbach, der heuer für so viele Schlagzeilen gesorgt hatte.
Die Nacht vom 7. auf den 8. Juni wird die Bewohner der Ortsteile Schaller, Gries und Elis trotz der Aufbruchsstimmung freilich noch lange in Albträumen verfolgen – in wenigen Stunden wurde aus dem Rinnsal ein reißender Strom, der 103.000 Kubikmeter Schotter und Dreck im Tal ablud, das sind über 10.000 Lkw-Fuhren Material. Viel zu viel für die bestehenden Verbauungen.
Das alte Murbecken nahm zwar 30.000 Kubikmeter davon auf – mehr als es laut Berechnungen eigentlich schaffen konnte – und auch die Trisanna leistete ganze Arbeit und bewältigte 50.000 Kubikmeter der angespülten Mure. Der Rest schwappte jedoch ins Siedlungsgebiet hinein. Die Bilanz: über 70 beschädigte Gebäude und sechs abbruchreife Häuser.
Für ihr Maßnahmenpaket, mit dem ein Unglück wie dieses künftig verhindert werden soll, hat sich die „Wildbach“ nun einen straffen Zeitplan gesetzt. Bereits am Montag findet das behördliche Bewilligungsverfahren für ein Großprojekt statt, das in Summe zehn Millionen Euro kosten wird. „Wir hoffen auf positive Bescheide“, betont Projektkoordinator Gebhard Walter. Denn schon am 3. August rückt eine Arbeiterpartie aus der Steiermark an, um mit der Umsetzung zu beginnen.
Bis zum Beginn der kommenden Hochwassersaison – Ende Mai 2016 – soll nämlich das bestehende Murbecken fast auf das Doppelte seiner bisherigen Kapazität vergrößert werden – von 25.000 auf 45.000 Kubikmeter Fassungsvermögen. Bereits heuer wird nach der Fertigstellung der Soforthilfemaßnahmen (die bestehenden Schutzmaßnahmen wurden dabei wieder in Funktion gesetzt) eine neue Baustraße zum Becken errichtet.
In nur sieben Monaten müssen dort 1000 Kubikmeter Beton verarbeitet werden, fasste der stv. WLV-Gebietsbauleiter Hubert Agerer das Vorhaben in Zahlen. Die neue Sperre aus Stahlbeton liegt 20 Meter tiefer als die alte, ist beim Auslass stahlgepanzert, besitzt massive Fundamente und erreicht eine Höhe von bis zu 16 Metern.
Im Sommer 2016 wird dann das Unterlaufgerinne erneuert und ein neuer Erschließungsweg hinauf zum Mittellauf gebaut, wo sich in der Unwetternacht eine 35.000-Kubikmeter-Mure aus einem Hang gelöst hatte. Dort befindet sich die zweite große Baustelle. Eine neue Staffelung mit 25 Konsolidierungssperren sollen der Sole und den Seitenhängen mehr Stabilität verleihen, betont WLV-Mitarbeiter Daniel Kurz. Ihr Bau dauert aber am längsten – und wird die Wildbach bis 2025 beschäftigen.
Bei der Planung der Projekte gab es auch für die Wildbach eine Premiere. Zum ersten Mal wurden dabei die Anrainer miteinbezogen, um mit ihnen verschiedene Varianten zu diskutieren. „Wir waren wahrscheinlich nicht immer ganz einfach und wollten vieles ganz genau wissen“, erzählte Karl-Heinz Zangerl. Vom Ergebnis war er angetan: „Ich bin beeindruckt, wie man das Projekt angegangen ist“ – was man da bekommen habe, sei ein Ferrari unter den Murverbauungen. „Ich habe für die Zukunft ein gutes Gefühl für das Leben am Schallerbach.“ Zufrieden waren auch der Seer Bürgermeister Toni Mallaun und der Kappler Bürgermeister Helmut Ladner: „Die Finanzierung wird der Knackpunkt. Das Projekt schaffen wir nicht ohne Unterstützung der öffentlichen Hand“, betonte dieser. In der kommenden Woche finden die Finanzierungsverhandlungen statt. Man rechne mit einer 80- bis 85-prozentigen Kostenübernahme durch Land und Bund, so Ladner.
