Roms Verfassungsgericht muss über neuen Asbest-Prozess entscheiden

Rom (APA) - Das Verfassungsgericht in Rom wird sich mit dem Fall des Schweizer Industriellen Stephan Schmidheiny befassen müssen, der im ver...

Rom (APA) - Das Verfassungsgericht in Rom wird sich mit dem Fall des Schweizer Industriellen Stephan Schmidheiny befassen müssen, der im vergangenen November vom Vorwurf der vorsätzlicher Tötung in Zusammenhang mit asbestbedingten Krankheiten freigesprochen worden war. Dies entschied die Turiner Untersuchungsrichterin, Federica Bompieri, am Freitag.

Die Untersuchungsrichterin hätte beschließen müssen, ob ein neuer Prozess gegen Schmidheiny beginnen soll. Sie wolle zuvor aber wissen, ob ein erneutes Verfahren gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstößt und schaltete daher das Verfassungsgericht ein. Ein Verfahren gegen Schmidheiny war im November 2014 letztinstanzlich mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Das Oberste Gericht in Rom sah die Vorwürfe gegen den Industriellen, vorsätzlich eine bis heute andauernde Umweltkatastrophe verursacht zu haben, als verjährt an.

Der Beschluss der Untersuchungsrichterin löste den heftigen Protest der Angehörigen der Asbest-Opfer aus. „Es wird noch Jahre dauern, bis Schmidheiny bestraft wird, während die Menschen weiterhin an den Folgen des Asbests sterben“, meinte ein Sprecher der Familienangehörige der Opfer.

Bei den Vorwürfen gegen den Schweizer Industriellen geht es um nahezu 3.000 durch Asbest erkrankte oder an asbestbedingten Krankheiten verstorbene Menschen im Zusammenhang mit den vier Eternit-Werken in Italien. Die von Schmidheiny geführte Schweizerische Eternit-Gruppe SEG war von 1973 bis zum Konkurs 1986 zunächst größter und später Hauptaktionär der Eternit Italia SpA.

Mit dem Freispruch durch das Kassationsgericht im vergangenen November wurde das zweitinstanzliche Urteil gekippt, mit dem Schmidheiny im Juni 2013 vom Berufungsgericht in Turin zu 18 Jahren Gefängnis und Entschädigungszahlungen in Höhe von 90 Millionen Euro verurteilt worden war. Gegen das Urteil hatte Schmidheiny Rekurs beim Obersten Gericht eingereicht. Die Turiner Staatsanwaltschaft führt inzwischen weitere Ermittlungen rund um Todesfälle, die auf Asbest zurückzuführen seien. Weitere 94 Todesfälle könnten von asbestbedingten Krankheiten in Zusammenhang mit den Eternit-Werken in Italien verursacht worden sein, verlautete es aus der Staatsanwaltschaft in Turin.