Bühne

Appell für eine offene Gesellschaft

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Bundespräsident Heinz Fischer ermahnte bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele zur Hilfe für Menschen in Not.

Salzburg –Bei der Eröffnung der 95. Salzburger Festspiele wurde am Sonntag mehrfach die Brücke von der Kunst zur Humanität und zur aktuellen Flüchtlingskrise geschlagen. Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) nutzte seine Eröffnungsworte für einen Appell für eine offene Gesellschaft und ermahnte zur Hilfe für Menschen in Not: „Man muss nichts Unmögliches verlangen, aber wir müssen Menschen, die durch Krieg und Terror brutal aus ihrer Lebensbahn geworfen, zur Flucht gezwungen und an den Rand gedrängt werden, in die Augen und uns selbst in den Spiegel schauen können“, so Fischer unter lautem Zwischenapplaus. „Mauern und Zäune an den Grenzen und in den Köpfen sind keine taugliche Antwort auf diese Herausforderungen.“

Auch Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) ging in seiner Rede auf die aktuelle Flüchtlingsthematik ein. In Anspielung auf die Festspiel-Oper „Iphigenie en Tauride“ erinnerte er daran, dass Iphigenie „im Fremden ihren Bruder nicht erkannte“. Diesem Werk und den zwei weiteren Festspiel-Opern, „Die Eroberung von Mexico“ und „Norma“, sei ein Motiv gemein, „das zu allen Zeiten Faszination und Angst, Chance und Bedrohung in sich birgt: die Begegnung mit dem Fremden und dem Mechanismus von dessen Zerstörung“.

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) würdigte Kunst und Kultur als „Arznei“ gegen eine „globalisiert-digitalisierte Hyperventilation“ und als Hilfe, um etwa „Demagogen von seriösen Analytikern zu unterscheiden“ oder „die Grenzen zwischen Menschlichkeit und Unmenschlichkeit“ aufzuzeigen, „noch bevor diese für jeden offensichtlich geworden sind“.

Festspiel-Eröffnungsredner Rüdiger Safranski übte indes Kritik an der Finanzwirtschaft. Der deutsche Schriftsteller, Philosoph und Literaturwissenschafter sinnierte anhand des „Rosenkavalier“ über Entschwinden und Zerfließen aller Zustände und wünschte sich eine politische Machtentscheidung für eine neue „Vergesellschaftung und Bewirtschaftung der Zeit“.

Während man die Zeit selbst nicht in der Hand hat und sich auch der von ihr ständig vor Augen geführten Vergänglichkeit und Sterblichkeit nicht entziehen kann, sei die Verwendung der Zeit und das Regime der allgegenwärtigen Uhr revolutionsbedürftig. Die Gesellschaft bewege sich wirtschaftlich bedingt unter immer größerem Zeitdruck, der gleichzeitig die Lebensdauer der Produkte verringert. „Zur Beschleunigungsökonomie gehört deshalb die Wegwerfökonomie“, so Safranski. Das gelte „für den Müll jeder Art, auch für Schulden und den vom extrem beschleunigten spekulativen Finanzhandel erzeugten Finanzmüll, der in „Bad Banks“ ausgelagert wird. Man kann sicher sein, dass uns die dort gelagerten kontaminierten so genannten Finanzprodukte ebenso wie etwa der Atommüll noch große Schwierigkeiten bereiten werden“, so Safranski, der die Zeit damit zu einem Politikum erklärte.

Es sei eine politische Machtfrage, „ob es der Finanzwirtschaft weiterhin erlaubt bleiben soll, mit der Zukunft so gemeingefährlich zu spekulieren, wie sie das bisher getan hat und noch tut“.

Es sei auch eine politische Machtfrage, „zu entscheiden, welchen Preis an Umweltschäden und Lebensbelastungen wir zu zahlen bereit sind – nur um eine schnellere Fortbewegungsart zu ermöglichen. Es ist eine politische Machtfrage, Lebenszyklen und Arbeitsprozesse zu synchronisieren. Und es ist eine politische Machtfrage, wie viel Zeit wir den Kindern geben und lassen wollen und den Alten und dem Altern.“ (APA, TT)

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