Japans Platzhirsch Nikkei kommt ins westliche Revier
Tokio/London (APA/Reuters) - Mit dem Kauf der „Financial Times“ gelingt der japanischen Mediengruppe Nikkei der lange ersehnte Eintritt in d...
Tokio/London (APA/Reuters) - Mit dem Kauf der „Financial Times“ gelingt der japanischen Mediengruppe Nikkei der lange ersehnte Eintritt in den westlichen Markt. Die Tageszeitung „Nihon Keizai Shimbun“, mit ihrer Kurzbezeichnung „Nikkei“ auch Namensgeber des Konzerns und des wichtigsten japanischen Börsenindex, ist das führende Wirtschaftsblatt in der drittgrößten Ökonomie der Welt.
Das Medienunternehmen folgt mit dem am Donnerstag angekündigten Zukauf anderen Firmen wie Banken und Versicherern, die angesichts einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung in Japan ihre Basis im Ausland verbreitern wollen.
Bestens vernetzt mit Quellen in japanischen Firmen, ist die Zeitung mit einer Auflage von gut drei Millionen Exemplaren unverzichtbare Lektüre für die Wirtschaftswelt des Landes. Damit nimmt „Nikkei“ in seinem Heimatmarkt eine ähnliche Stellung ein wie in der westlichen Hemisphäre die „Financial Times“ aus London und das „Wall Street Journal“ aus New York. Während die beiden englischsprachigen Rivalen aber einen Großteil ihres Publikums jenseits ihrer Herkunftsländer erreichen, spielt die Mediengruppe Nikkei außerhalb Japans bisher keine nennenswerte Rolle.
Zwar wandte sich die japanische Zeitung erstmals in den 1960er Jahren mit einem englischsprachigen Wochentitel an ausländische Leser. Während des Wirtschaftsbooms seit Ende der 80er liebäugelte das Unternehmen sogar mit einer Umstellung auf tägliche Erscheinungsweise, verwarf die Pläne aber nach dem Ende der guten Jahre. Die Wochenzeitung „Nikkei Asian Review“ kommt derzeit auf eine vergleichsweise bescheidene Auflage von 12.000 Exemplaren. Eine langjährige Kooperation mit dem „Wall Street Journal“-Verleger Dow Jones endete bereits vor einigen Jahren.
In Japan dagegen ist „Nikkei“ unter anderem bekannt für Vorschauen auf Unternehmensbilanzen - die Berichte sorgen oft Tage vor der offiziellen Veröffentlichung der Geschäftszahlen für Kursreaktionen an der Börse. Dass die Zahlen aus Unternehmenskreisen offensichtlich regelmäßig an diese Zeitung durchgegeben werden, sorgte auch für Kritik aus der Politik, die sich um transparente Spielregeln bemühte, um mehr ausländische Investoren anzuziehen.
Redaktionell solle die „Financial Times“ unter japanischer Führung so weitermachen wie bisher unter der britischen Verlagsgruppe Pearson, versicherte der Konzern in Tokio. „Ich möchte sehr deutlich machen, dass wir vollstes Vertrauen in ihren Chefredakteur und ihre redaktionelle Linie haben. Ihre redaktionelle Unabhängigkeit bleibt unverändert“, sagte Verwaltungsratschef Tsuneo Kita am Freitag. Die japanische Mediengruppe befindet sich nach eigenen Angaben ausschließlich im Eigentum aktueller und ehemaliger Mitarbeiter.