Türkei fliegt nun auch Luftangriffe auf PKK im Nordirak
Die Türkei setzt ihre Angriffe auf die Terrormiliz IS in Syrien fort. Beschossen werden nun auch PKK-Lager im Nordirak.
Ankara – Die Türkei ist in der Nacht auf Samstag Luftangriffe auf Militärlager der von Ankara verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Irak geflogen. Dies bestätigte das Büro des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu am Samstag. Die Türkei habe gleichzeitig Stellungen der PKK und der Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) in Nordsyrien vom Boden aus angegriffen.
Bereits am frühen Freitagmorgen hatte die Luftwaffe Stellungen der IS-Extremisten im Nachbarland Syrien bombardiert. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei mindestens neun IS-Kämpfer getötet und zwölf weitere verletzt. Der Militäreinsatz gegen den IS habe sein Ziel erreicht und werde fortgeführt, sagte Regierungschef Ahmet Davutoglu nach den ersten Bombardements.
Es war das erste Mal, dass die türkischen Streitkräfte Angriffe auf IS-Stellungen in Syrien flogen, seit die Miliz im Sommer vergangenen Jahres weite Teile des Landes erobert hatte. Am Donnerstag hatten türkische Panzer bereits Stellungen der Jihadisten in Syrien beschossen. Zuvor war ein türkischer Soldat durch Schüsse aus dem Nachbarland getötet worden.
Die Luftangriffe auf die IS-Stellungen markieren eine Kehrtwende im Umgang der Türkei mit der Jihadistenmiliz. Die islamisch-konservative Regierung in Ankara war seit Langem dafür kritisiert worden, zu wenig gegen die Jihadisten zu tun. Die Türkei beteiligte sich bisher nicht an den US-geführten Luftangriffen gegen den IS in Syrien. Grund für den nunmehr offenen Konflikt Ankaras mit dem IS ist vor allem der folgenschwere Anschlag vom Montag, bei dem im südtürkischen Suruc 32 Menschen getötet und etwa hundert weitere verletzt wurden. Der Selbstmordanschlag wird dem IS zugeschrieben.
Luftangriffe im autonomen Kurdengebiet
Ein Sprecher der PKK im Irak sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Kampfjets hätten am Freitagabend fünf Ziele im autonomen Kurdengebiet nahe der Grenze zur Türkei zu bombardiert. Die Kampfflugzeuge überflogen demnach auch die Kandil-Berge im Nordirak, wo die politische Führung der PKK ihr Hauptquartier hat.
Die Türkei stuft die PKK als „Terrororganisation“ ein, Mitglieder des bewaffneten Arms der PKK hatten sich in dieser Woche zur Tötung zweier Polizisten in der Türkei bekannt. Sie bezeichneten die Taten als Vergeltung für das Massaker von Suruc.
Razzien in türkischen Städten
Als Reaktion auf die jüngste Gewalt ging die türkische Polizei am Freitag mit Anti-Terror-Razzien in 13 Provinzen gegen mutmaßliche Extremisten vor. Insgesamt wurden 297 Menschen wegen Terrorvorwürfen festgenommen. Außer gegen den IS und die PKK richteten sich die Razzien auch gegen die PKK-Jugendorganisation (YDG-H) sowie gegen die marxistische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C). Ein weibliches Mitglied marxistische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C).der DHKP-C wurde laut der Nachrichtenagentur Anadolu bei einer Schießerei mit Polizisten in Istanbul getötet.
Am Abend kam es dort bei Protesten gegen die IS-Miliz zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Einsatzkräfte gingen mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Teilnehmer der Kundgebung vor. Diese verurteilten das Attentat in Suruc und warfen der Regierung vor, IS-Kämpfer in der Türkei zu tolerieren. Für Samstag rief die wichtigste prokurdische Partei HDP zu einem großen „Marsch des Friedens“ in Istanbul auf. Erwartet werden tausende Menschen und ein umfangreiches Aufgebot an Sicherheitskräften. (APA/AFP, tt.com)