Atom-Verheimlichung - Israel weiß bescheid
Tel Aviv/Wien (APA) - Kein Land hat sein Misstrauen gegenüber den nuklearen Ambitionen des Iran lauter zum Ausdruck gebracht als Israel. Der...
Tel Aviv/Wien (APA) - Kein Land hat sein Misstrauen gegenüber den nuklearen Ambitionen des Iran lauter zum Ausdruck gebracht als Israel. Der jüdische Staat betreibt aber selbst ein geheimes Atomprogramm und hat dieses jahrzehntelang vor der Welt zu verschleiern versucht.
Der israelische Journalist Ari Shavit warnte kürzlich in der Zeitung „Haaretz“, der vergangene Woche in Wien abgeschlossene Atom-Deal mit dem Iran könne „die Welt in einen Albtraum stürzen“. Der Iran werde damit völlig legal seine Atomanlagen künftig so modernisieren können, dass er einmal als „muskelbepackter Nukleartiger“ dastehen könnte - für den Autor, der den 159 Seiten starken Vertrag gelesen hat, „eine Horrorstory“.
Shavit hat recherchiert, wie ein Staat Atomwaffenpläne vorantreiben kann, ohne sich dabei in die Karten blicken zu lassen. In seinem jüngst erschienenen Buch „Mein gelobtes Land“ befasst er sich auch mit dem israelischen Atomprogramm, unter Berufung auf einen dabei beteiligten Ingenieur.
Sein namentlich nicht genannter Interviewpartner bestätigte zwar Shavits Darstellungen nicht direkt, dementierte sie aber auch nicht - ganz im Sinne der von Israel praktizierten Doppeldeutigkeit in Bezug auf seine atomare Bewaffnung. Zentrum des israelischen Atomprogramms ist der Reaktor in Dimona, der zwischen 1957 und 1967 gebaut wurde.
Unterstützt wurde Israel bei seinen nuklearen Aktivitäten von den Atommächten Frankreich, Großbritannien und USA. Bezüglich der israelischen Atomwaffenambitionen dürften sie mehr als ein Auge zugedrückt haben. Deutschland liefert Israel Dolphin-U-Boote, die mit Kernwaffen bestückt werden können, zum Vorzugspreis.
„Dimona schenkte Israel ein halbes Jahrhundert relativer Sicherheit und dem Nahen Osten sechsundvierzig Jahre relativer Stabilität“, fasst der Autor die von vielen Israelis geteilte Einschätzung zusammen. Die frühere Ministerpräsidentin Golda Meir nannte Dimona „Varenye“. So bezeichneten osteuropäische Juden Einmachgläser mit Früchten, die sie für Notzeiten - etwa Pogrome - im Schrank aufbewahrten.
Angesichts der ständigen Bedrohung durch die dem jüdischen Staat bevölkerungsmäßig weit überlegenen arabischen Nachbarn wollte man in Israel auf die wirksamste Abschreckungswaffe nicht verzichten, damit aber „verantwortungsvoll“ umgehen. Als Vater des israelischen Atomprogramms gilt der ehemalige Präsident und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres.
Israel ist dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) nicht beigetreten. Internationalen Experten zufolge könnte das Land einige hundert Atomsprengköpfe besitzen. Es gilt als einzige Atommacht im Nahen Osten und will auch sein nukleares Monopol nicht aufgeben.
Als mit Israel verfeindete Länder in der Region - wie der Irak oder Syrien - Atomanlagen bauten, wurden diese von israelischen Kampfjets zerstört. Im Iran wäre dies allerdings kaum möglich, weil die nukleare Infrastruktur schon sehr umfangreich und militärisch massiv geschützt ist.
Keinen Spaß verstand Israel, als der israelische Nukleartechniker Mordechai Vanunu 1986 die Existenz des geheim gehaltenen Atomprogramms gegenüber der „Sunday Times“ aufdeckte und damit Indizien für die atomare Bewaffnung des Landes lieferte. Er wurde vom israelischen Geheimdienst in Rom entführt und in Israel zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt.
Der Iran, der seit der Islamischen Revolution 1979 die Vernichtung Israels auf seine Fahnen geschrieben hat, betrieb ebenfalls ein geheimes Atomprogramm. Dieses kam erst 2002 durch Hinweise der exil-oppositionellen Volksmujaheddin ans Licht. In Israel geht man weiterhin davon aus, dass der Iran hinsichtlich seiner atomaren Ambitionen nach wie vor eine versteckte Agenda hat - auch wenn er ständig versichert, nur zivile Ziele zu verfolgen.