Merkel will Einwanderungsgesetz
Die deutsche Bundeskanzlerin holt sich Applaus von der SPD und den Grünen und irritiert die CSU.
Berlin –In der CDU vollzieht sich gerade eine spannende Richtungsänderung – weil die Parteivorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel dies so will. Sie habe sich nun in der anhaltenden Debatte auf die Seite jener geschlagen, die sich für ein Einwanderungsgesetz aussprechen. Der Koalitionspartner SPD befürwortet ein solches Gesetz schon lange. Applaus bekommt die Kanzlerin von den Grünen.
In der Schwesterpartei CSU reagiert man reserviert bis ablehnend. „Ich bin der Überzeugung, dass wir kein neues Einwanderungsrecht benötigen, weil wir schon heute über ein modernes und flexibles Zuwanderungsrecht verfügen“, sagte der Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU).
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hingegen bot dem Koalitionspartner an, ein Einwanderungsgesetz noch vor der nächsten Bundestagswahl 2017 umzusetzen. „Ich freue mich, dass die CDU endlich ihren ideologisch motivierten Widerstand gegen ein Einwanderungsgesetz aufgibt“, sagte Oppermann der Bild am Sonntag.
Grünen-Chef Cem Özdemir hob insbesondere die wirtschaftlichen Vorteile eines Einwanderungsgesetzes hervor, das den Fachkräftemangel lindern könnte. „Sie haben zum Teil hochqualifizierte Leute mit Migrationshintergrund, die hier leben“, sagte er in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem Deutschlandfunk. Arbeitgeber müssten offene Stellen bislang aber vorrangig mit Deutschen besetzen. „Das macht alles keinen Sinn. Also auch da freut es mich, wenn etwas mehr Pragmatismus langsam einzieht.“
Der CDU-Parteivorstand will am 14. September über das Thema diskutieren und einen entsprechenden Antrag an den Parteitag beschließen, sagte ein Parteisprecher. Grundlage der Diskussion ist der Bericht einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von CDU-Bundesvize Armin Laschet, der Anfang Juli veröffentlicht wurde.
Die von CDU-Generalsekretär Peter Tauber bereits vor Monaten vorgetragene Forderung nach einem Einwanderungsgesetz ist in der Partei umstritten. Nach seinem Vorstoß zu Beginn des Jahres war Tauber im April auch auf Wunsch Merkels nach Kanada gereist, das vielen als vorbildliches Einwanderungsland gilt, um Ideen zu sammeln.
Merkel hat sich bisher aber nicht öffentlich eindeutig in der Frage positioniert. Dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zufolge soll sich die Kanzlerin nun aber auf die Seite ihres Generalsekretärs geschlagen haben. Merkel habe Innenminister Thomas de Maizière (CDU) angewiesen, mit Tauber in der Frage zusammenzuarbeiten, berichtete das Magazin. Der Innenminister hat sich bisher immerzu vehement gegen ein Einwanderungsgesetz ausgesprochen.
Bisher ist die Zuwanderung in Deutschland durch viele einzelne gesetzliche Vorschriften geregelt, ein einheitliches Einwanderungsgesetz gibt es nicht. (APA, dpa)