TT-Interview

Georg Willi will nie Landesrat werden

Der Landessprecher der Grünen, Georg Willi, lässt offen, ob er Innsbrucker Bürgermeister werden will. Auf Landesebene wünscht er sich eine Fortsetzung von Schwarz-Grün.

Warum haben es die Grünen nicht geschafft, eine Vorreiterrolle beim Thema Asyl einzunehmen? Statt die Quote überzuerfüllen, hechelt man hinterher.

Georg Willi: Soziallandesrätin Christine Baur und ihr Team haben es geschafft, die Quartiersanzahl zu verdoppeln. Das ist eine gute Leistung. Vorzeigebundesland sind wir bei der Qualität der Unterkünfte.

In Innsbruck dient eine Tennishalle als Flüchtlingsunterkunft.

Willi: Die Tennishalle ist besser als die Zelte oder am Boden schlafen zu müssen. Wir brauchen aber dringend weitere Quartiere. Dazu müssen wir Gemeinden, Private und Pfarren finden, die etwas beitragen wollen.

Tut die Kirche zu wenig?

Willi: Es ist ein Auftrag der Kirchen, Menschen in Not zu helfen. Da gibt es einige Pfarrer, die viel tun, und andere, die langsam sind. In Summe ist das Potenzial der Kirche nicht ausgeschöpft.

Hätten die Grünen mehr Unterstützung von der ÖVP gebraucht, schließlich sind die meisten Bürgermeister schwarz?

Willi: In einem Brief appellieren LH Günther Platter und LR Johannes Tratter an die Bürgermeister, in der Flüchtlingsfrage zu helfen. Aber wir wissen, dass im Februar 2016 Gemeinderatswahlen sind und sich einige Bürgermeister fürchten. Bürgermeister Stenico in Landeck hat vor Jahren gezeigt, wie man Flüchtlingen hilft und Wahlen gewinnt.

In Innsbruck wird erst 2018 gewählt. Sie sollen Bürgermeister werden wollen. Stimmt das?

Willi: Es ehrt mich, wenn ich genannt werde. Ich bin mit großer Freude Nationalrat. Wer in Innsbruck antritt, ist eine Basisentscheidung der Grünen. Wer ins Rennen geht, werden wir sehen. Die Liste wird 2017 erstellt.

Diese Zweierkonstellation, Sie als Bürgermeisterkandidat und Uschi Schwarzl als Spitzenkandidatin, wird es aber nicht mehr geben?

Willi: Man soll aus Fehlern lernen. Außerdem lässt das das neue Wahlrecht nicht mehr zu. In Innsbruck haben die Grünen genügend Kandidaten, wobei die amtierende Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider die Favoritin ist. Das ist klar.

In wie vielen Gemeinden werden die Grünen bei den Gemeinderatswahlen antreten, wenn die FPÖ es in 100 schaffen will?

Willi: Wir machen derzeit 10.000 Hausbesuche, die Hälfte haben wir schon geschafft. Wir werben in allen Gemeinden um Menschen, die ein grünes Herz haben und sich engagieren wollen, denn die Gruppen vor Ort sind die Wurzeln unserer Partei. Sie sind die Seismografen, die anzeigen, wo grüne Politik gut und wo sie weniger gut läuft.

Warum tun sich die Grünen schwer, Kandidaten zu finden?

Willi: Derzeit gibt es noch ein Stadt-Land-Gefälle. Wir sind eine urbane Partei, wollen aber hinaus in die Peripherie. Das Leben am Land muss attraktiv bleiben. Wir wollen mehr Arbeitsplätze bis ins hinterste Tal bringen. Dazu müssen wir die Öffis und die Infrastruktur ausbauen.

Klingt wie das Wahlprogramm der ÖVP.

Willi: Wir wollen, dass vom Nahversorger bis zum Arzt die Strukturen erhalten bleiben. Da ist aber in den letzten Jahren vieles weggebrochen. Das müssen wir aufholen.

Die Grünen werden also am Land verkannt?

Willi: Ja. Was uns am Land ein bisschen auf den Kopf fällt, ist unsere liberale Haltung in gesellschaftspolitischen Fragen.

Aus der Basis kommt viel Kritik, dass die Grünen in der Koalition zu viel nachgeben. Wie gut tut der Partei das Regieren?

Willi: In den Umfragen legen wir zu. Das ist doch gut. Wir haben viel erreicht: Agrarfrage gelöst, mehr Transparenz, Natura 2000, Erhalt der Kalkkögel, Öffi-Ausbau und Tempo 100.

Stichwort Transparenz: Da haben die Grünen große Pläne mit einer Transparenzdatenbank gehabt und geworden ist es eine Auflistung der Förderungen einmal im Jahr.

Willi: Am Ende muss es immer einen Kompromiss geben, aber einen, der herzeigbar ist. Die Agrarlösung, die mir immer wichtig war, ist eine, wo ich gut in den Spiegel schauen kann. Es gab zwar keine Rückübertragung, aber die Gemeinden kommen durch die Lösung zu ihren Rechten und dem Geld.

Die Grünen sind Inhalt eines Kabaretts, wo sie als Umfaller bezeichnet werden. Wie lebt es sich denn mit dieser neuen Rolle?

Willi: Die Grünen wurden nie als Ministranten bezeichnet. Wir haben in der Zeit, seit wir in der Koalition sind, viel mehr erreicht als die Roten vor uns. Und Tirol investiert, während andere Bundesländer verschuldet sind.

Die Finanzpolitik liegt in den Händen der ÖVP, die Verkehrspolitik in jenen der Grünen. Sie waren lange Jahre Transitgegner und müssen nun feststellen, dass eine grüne Regierungsbeteiligung auch nichts an steigenden Transitzahlen ändert.

Willi: Wir haben Tempo 100 für Pkw eingeführt. Das ist die Eintrittskarte, damit wir das Müll- und Schrott-Fahrverbot für Lkw bekommen.

Sie meinen das sektorale Fahrverbot, das heuer im Herbst hätte kommen sollen und sich wieder um ein halbes Jahr verzögert?

Willi: Da sind wir in den EU-Normen gefangen. Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe hält zu Recht diese Fristen ein und dafür bekommen wir ein Fahrverbot, das dann auf Dauer hält. Wir müssen die Straße weniger lukrativ machen. Wir können nicht einen neun Milliarden Euro teuren Basistunnel bauen und alle Lkw rollen auf der Straße über den Brenner. Das wäre unverantwortlich. In der Opposition kann man die reine Lehre vertreten, beim Regieren stößt man an die Grenzen des Machbaren.

Wie groß ist die Angst der Grünen, dass die ÖVP nach rechts rückt?

Willi: Ich glaube, es gibt nur wenige in der ÖVP, die die Partei nach rechts rücken lassen wollen. Günther Platter will das auf jeden Fall nicht.

Streben die Grünen eine Fortsetzung von Schwarz-Grün an?

Willi: Ja. Was wichtig ist, ist, dass wir immer wieder klarmachen, wofür wir Grüne stehen.

Wie einig sind sich die Grünen, wer was machen soll?

Willi: Wir entscheiden basisdemokratisch. Für mich persönlich war der entscheidende Zeitpunkt 2008. Da habe ich mit der Partei eine Wahl verloren und seit damals ist klar, ich trete auf Landesebene nicht mehr an.

Einen Landesrat Willi wird es also nie geben?

Willi: Genau so ist es.

Das Gespräch führte Anita Heubacher

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