PKK bekennt sich zu tödlichem Anschlag auf türkische Polizisten
Istanbul (APA/AFP/Reuters) - Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat sich zu dem Autobombenanschlag bekannt, bei dem zwei Soldaten getötet w...
Istanbul (APA/AFP/Reuters) - Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat sich zu dem Autobombenanschlag bekannt, bei dem zwei Soldaten getötet wurden. Angesichts der Zuspitzung des Konflikts mit den Kurden in der Türkei hat unterdessen auch die deutsche Regierung Ankara zur Zurückhaltung aufgefordert.
Hintergrund der neuen Spannungen sind die jüngsten Luftangriffe der türkischen Streitkräfte in Syrien und dem Nordirak - nachdem sie zunächst der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gegolten hatten, wurden die Angriffe später auch auf die PKK ausgedehnt.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte nach Regierungsangaben vom Sonntag in einem Telefonat an den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu, „den Friedensprozess mit den Kurden nicht aufzugeben“. Die Kanzlerin habe Davutoglu „die Solidarität und Unterstützung Deutschlands im Kampf gegen den Terrorismus“ zugesichert, aber auch „an das Gebot der Verhältnismäßigkeit“ erinnert, sagte ein Sprecher Merkels.
Auch die EU ermahnte die Türkei, den Friedensprozess mit den Kurden fortzuführen. „Jede Handlung sollte das Risiko vermeiden, die Waffenruhe und den kurdischen Friedensprozess zu gefährden“, schrieb die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in einer am Samstagabend in Brüssel verbreiteten Erklärung. Die EU unterstütze die Türkei auch im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und gegen jede Form des Terrorismus.
Die USA stärkten der Türkei dagegen den Rücken. Ankara habe das „Recht“, gegen „terroristische Ziele“ vorzugehen, sagte der Vize-Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Ben Rhodes. Zugleich begrüßte er das „entschlossenere“ Vorgehen Ankaras gegen den IS.
Am späten Samstagabend waren bei einem Autobombenanschlag im mehrheitlich kurdischen Südosten des Landes zwei Soldaten getötet und vier weitere verletzt worden. Der militärische Flügel der PKK, die kurdischen Volksverteidigungskräfte (HPG), bekannte sich am Sonntag auf seiner Internetseite zu der Tat. Es habe sich um einen „Sabotageakt“ der „Guerillatruppen“ gehandelt, hieß es.
Die HGP warfen Ankara vor, mit den Angriffen gegen PKK-Stellungen im Nordirak den seit 2013 geltenden Waffenstillstand „einseitig beendet“ zu haben. Dieser habe „keine Bedeutung mehr“. Die HPG hatten sich bereits in dieser Woche zur Tötung zweier Polizisten bekannt, die angeblich dem IS nahe gestanden sein sollen.
Parallel zu den Luftangriffen beschossen Bodentruppen von der Türkei aus Stellungen des IS und der von Ankara als „Terrororganisation“ eingestuften PKK in Syrien und Irak. Auch am Sonntag beschoss die türkische Artillerie Stellungen der PKK im Nordirak, wie türkische Medien berichteten.
Die türkischen Luftangriffe auf die IS-Stellungen markieren eine Kehrtwende der islamisch-konservativen Regierung in Ankara, die lange für ihr zögerliches Verhalten gegenüber dem IS kritisiert worden war. Auslöser der Angriffe war ein Selbstmordanschlag des IS in der türkischen Grenzstadt Suruc, bei dem am vergangenen Montag 32 Menschen getötet wurden. Nach monatelangen Verhandlungen erlaubte die Türkei den USA nun auch die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Incirlik.
Begleitet wurden die Luftangriffe von einer Festnahmewelle im Inland: Laut Davutoglu wurden seit Freitag landesweit 590 Verdächtige wegen Verbindungen zu „Terrororganisationen“ festgenommen. Am Samstag löste die Polizei in Ankara einen Protestmarsch gegen den IS gewaltsam auf.
Die Militäraktionen der Türkei in den Nachbarstaaten Syrien und Irak werden auch Thema für die NATO: Der Nordatlantikrat komme am Dienstag zu Beratungen zusammen, teilte das Militärbündnis am Sonntag mit. Das Treffen werde auf Anforderung der türkischen Regierung einberufen.
In Istanbul verboten die Behörden einen für Sonntag geplanten „Friedensmarsch“ der Kurdenpartei HDP. Dennoch versammelten sich rund tausend Menschen zu einer Demonstration, die sich aber friedlich auflöste. Im Stadtteil Gazi gab es jedoch heftige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Demonstranten warfen Steine und Molotowcocktails, die Polizei reagierte mit Wasserwerfern und Tränengas.
In der Stadt Cizre in der südöstlichen Provinz Sirnak wurde ein 21-Jähriger bei Zusammenstößen zwischen Polizei und prokurdischen Demonstranten getötet. In Sirnak wurde am Sonntag überdies eine Polizeiwache beschossen, wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtete.
(Wochenendzusammenfassung. NEU: Bekenntnis der PKK, Angaben der HGP zu getöteten PKK-Kämpfern, Demonstrationen in Istanbul, Schüsse in Sirnak)