Schauspielen für den Berufsalltag
Um die Realität im Berufsalltag zu üben, werden in der Ärzteausbildung wie auch in der Lehrerfortbildung Profidarsteller eingesetzt. Ein ähnliches Service, aber mit Spezialisten der Polizei, bietet das Landeskriminalamt.
Von Margit Bacher
Innsbruck –Schauspieler arbeiten normalerweise für Filmproduktionen, Fernsehen und Theater. Schauspieler werden aber auch gerne in der Aus- und Weiterbildung sowie Mitarbeiterschulung eingesetzt. Seit 10 Jahren etwa, seit die Ärzteausbildung reformiert und modular aufgebaut wird, werden Schauspieler auch in der Ärzteausbildung eingesetzt. „Ich kann mir ja nicht einfach einen Rheumatiker von der Station holen. Um so eine Gesprächssituation in der Ausbildung zu üben, brauchen wir Schauspieler“, erklärt Universitätsprofessor Gerhard Schüßler, Leiter der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie in Innsbruck.“
„Die Schauspieler werden für die Lehrveranstaltungen ,Ärztliche Gesprächsführung‘ spezifisch trainiert“, berichtet Schüßler, der zu diesem Zweck eigene Rollenskripte geschrieben hat. Mit den angehenden Medizinern werden dann jene zwölf wichtigsten Erkrankungen geübt, mit denen sie im Berufsalltag am häufigsten zu tun haben werden. Dabei schlüpfen die Schauspieler in die Patientenrollen, wahren den medizinischen Kontext und mimen, je nach Krankheitsbild, nicht nur die zugehörigen Symptome – sondern spielen die gesamte Palette an menschlichen Reaktionen. Der Medizinernachwuchs erlebt also am eigenen Leib, wie die Patienten-Reaktionen künftig ausfallen werden: „Sie lernen die gefügigen Patienten kennen, die nur nicken auf das, was man als Arzt sagt. Sie spüren, wie es sich anfühlt, wenn es eine heftige Patienten-Reaktion gibt oder nur mehr ein schweigendes Gegenüber dasitzt“, beschreibt der Universitätsprofessor den Medizineralltag.
Mit den für die Medizinausbildung eingesetzten Schauspielern wird schon jahrelang eine gute Beziehung gepflegt, erzählt Schüßler. „Die sind hervorragend und kommen sowohl vom Landestheater als auch von der Schauspielschule“, berichtet er. Auf die Frage, warum für die Lehrveranstaltung „Ärztliche Gesprächsführung“ keine Kommunikationstrainer eingesetzt werden, antwortet der Professor: „Weil das einfach Welten sind!“ Ein Schauspieler könne sich völlig in eine Rolle hineinleben, diese so spielen, als sei er wirklich ein Patient. Manchmal würden sogar Tränen fließen, berichtet Schüßler, dem ein äußerst sorgfältiges Briefing zu Beginn der schauspielerischen Zusammenarbeit eben darum so wichtig ist.
Seine Studierenden würden diese Art von Lehrveranstaltung sehr schätzen, da es endlich was Praktisches sei und sie von diesen Übungen in ihrem künftigen beruflichen Alltag wahnsinnig profitieren.
Universitätsprofessor Gerhard Schüßler sieht aber in der Ärzteschaft noch weiteren Schulungsbedarf: „Einerseits was den Patienten-Umgang mit zu Tode führenden chronischen Erkrankungen angeht – aber wir sollten auch die Gesprächsführung mit Migranten gezielt schulen und die Kommunikation mit alten Menschen, Kindern und Jugendlichen.“ Durch das Training mit den Schauspielern kommuniziere die neue Generation Ärzte schon viel, viel besser, findet er.
Schauspieler sind aber auch in der Lehrerfortbildung an der Pädagogischen Hochschule Tirol (PHT) gefragt. Konrad Hochgruber, Ensemblemitglied beim Westbahntheater, durfte bereits in unterschiedlichste Rollen schlüpfen und etwa eine Elternsprechtag-Situation nachstellen, denn schwierige Gesprächssituationen gibt es auch im schulischen Bereich nicht selten.
Im Rahmen der Kriminalprävention bietet auch das Landeskriminalamt Tirol (LKA) Deeskalationsschulungen an. Das kostenlose Angebot richtet sich an Firmen, Vereine oder an andere Institutionen. „Unser Angebot ist maßgeschneidert und wird – nach vorheriger Absprache – inhaltlich, aber auch zeitlich an die Zielgruppe angepasst“, erklärt Katja Tersch, Oberstleutnant und Abteilungsleiterin beim LKA.
Die Stadtgemeinde Innsbruck nimmt diese kostenlosen Schulungen in Anspruch, unter anderem für die Bauhof-Mitarbeiter. „Gerade im Winterdienst müssen sich unsere Kollegen draußen ziemlich viel anhören“, erzählt Barbara Hutter vom Amt für Personalwesen der Stadt Innsbruck. „Ein Polizeipsychologe hat mit unseren Bauhof-Mitarbeitern eine im Winterdienst typische Schneeräum-Konfrontation nachgespielt, analysiert, reflektiert und den Umgang damit geübt.“
Das LKA bietet im Rahmen der Kriminalprävention noch ein weiteres Service an: So begutachten Beamte auch die Arbeitsplatzsituation vor Ort und prüfen, ob Schreibtische aus Sicherheitsgründen beispielsweise anders positioniert werden sollten oder Gegenstände auf Bürotischen oder im Raum sich nicht in Reichweite von Parteien oder Kunden befinden sollten. Anfragen an das LKA bzw. Terminvereinbarungen für eine Kriminalprävention: 059133/703333 oder per Mail: lpd-t-lka-kriminalpraevention@polizei.gv.at.