Wien-Wahl - Podiumsdiskussion: Kulturpolitik als Umverteilungskampf

Wien (APA) - Mehr öffentliches Geld für die Kultur wird es auch in Wien in den kommenden Jahren nicht geben - darüber waren sich gestern, So...

Wien (APA) - Mehr öffentliches Geld für die Kultur wird es auch in Wien in den kommenden Jahren nicht geben - darüber waren sich gestern, Sonntag, Abend alle Parteienvertreter bei einer kulturpolitischen Podiumsdiskussion im Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) einig. Ob und wie die vorhandenen Mittel künftig zumindest teilweise neu verteilt werden sollten, darüber schieden sich jedoch die Geister.

TAG-Hausherr Gernot Plass nannte den Wiener Wahlkampf eingangs „verheerend inhaltsleer und monothematisch“, mit einem bunten Strauß an Ideen und Zukunftskonzepten konnte das siebenköpfige Podium, das Moderator Martin Wassermair um sich versammelt hatte, allerdings auch nicht aufwarten. Vor relativ überschaubarem Publikum wünschte sich die Rathaus-Opposition ebenso wie jene, die sich wie NEOS und „wien anders“ darum bemühen, am kommenden Sonntag erstmals in den Wiener Gemeinderat gewählt zu werden, eine Umverteilung: Weg von den „großen Tankern“ wie den Vereinigten Bühnen Wien (VBW), hin zu „Innovation und Kreativität“ (FPÖ Wien-Kultursprecher Gerald Ebinger, der dabei sogar erstaunliche Nähe zu den Forderungen der IG Kultur Wien entdeckte) oder zumindest zu mehr Musikschulen (Bernhard Dworak, ÖVP).

Überhaupt ist einzig das Musical heiß umfehdet, wild umstritten: Dworak wünschte sich mehr Musicals mit Österreich-Inhalten, während er sich das Ronacher als professionell geführtes Gastspielhaus vorstellen kann, Niko Alm (NEOS), der von Beate Meinl-Reisinger den Kulturausschuss des Nationalrates übernimmt, eine Musical-Förderung unter dem Titel Standortförderung statt aus dem Kulturtopf. Unter dem Verweis auf „Datenschutz“ abgeschmetterte Anfragen zu Prämien- und Gehaltsdetails der VBW-Chefetage führte Ebinger ins Treffen, um die intransparente Förderpolitik der rot-grünen Stadtregierung anzuprangern: „Das sind Zustände, die sind für eine Demokratie unhaltbar.“

Die Vorwürfe mangelnder Transparenz, in den Statements der Oppositionsvertreter ein Dauerbrenner, ließen SPÖ-Wien Kultursprecher Ernst Woller kalt. Im Gegenteil: „Es gibt schon so viele Beiräte und Jurys, dass ich manchmal denke: Alle dürfen entscheiden, nur wir nicht!“ Die starke Ausweitung des Kulturbudgets zu Anfang der 2000er-Jahre und das Halten des Niveaus seit 2011 wertete Woller, der das Wiener Kulturbudget mit rund 240 Mio. Euro bezifferte, naturgemäß als Erfolg. Im Übrigen gelte: Wie man in Wien künftig mit Flüchtlingen umgehen werde, sei eine weltanschauliche und mithin kulturelle Frage.

Während Ulli Fuchs von „wien anders“ und Willi Hejda von der IG Kultur Wien - quasi als außerparlamentarische Opposition - auf mehr Verteilungsgerechtigkeit bei den Kulturmitteln pochten (Hejda: „Es ist dabei auch unter Rot-Grün nicht zu einer wesentlichen Veränderung gekommen. Es gibt nur Pilotprojektchen...“), zog Klaus Werner-Lobo, Kultursprecher der Wiener Grünen und von der Basis diesmal auf einen aussichtslosen Listenplatz gewählt, eine ebenso selbstkritische wie kämpferische Bilanz des Mitregierens.

Er sei selbst teilweise enttäuscht über das Erreichte, „aber es geht halt nicht von heute auf morgen“, sagte Werner-Lobo, dazu seien die von der SPÖ aufgebauten Machtstrukturen in Wien zu verkrustet. Doch letztlich sei eine größere Öffnung durchgesetzt worden, bei der es im Falle einer Fortsetzung von Rot-Grün nun gelte, „die Dinge von Projekt- auf Strukturebene“ zu bringen. Und bei aller Freundschaft musste er Woller, der schulterklopfend das Erkämpfen von 1,5 Mio. Euro für die neue SHIFT-Förderschiene für innovative Kunst auf die gemeinsame Fahne heften wollte, unter Verweis auf die damit abgekaufte zähneknirschende Zustimmung der Grünen zur temporären Erhöhung der VBW-Förderung, korrigieren: „Es war ein Gezerre und ein Kuhhandel.“