Physiker Fritz Hasenöhrl - „Kühner als Einstein“

Wien (APA) - Gedankenexperimente des Wiener Physikers Fritz Hasenöhrl (1874-1915) waren nach Meinung von Experten „kühner und wohldefinierte...

Wien (APA) - Gedankenexperimente des Wiener Physikers Fritz Hasenöhrl (1874-1915) waren nach Meinung von Experten „kühner und wohldefinierter“ als Albert Einsteins Überlegungen zur Äquivalenz von Energie und Masse. Hasenöhrl hat wichtige Beiträge zur Relativitäts- und zur Quantentheorie geliefert, ist aber weitgehend vergessen. Am Mittwoch (7.10.) vor 100 Jahren fiel er im Ersten Weltkrieg.

Die Formel E=mc2 und damit die Erkenntnis, dass Energie (E) und Masse (m) zwei Seiten ein und derselben Medaille sind, ist untrennbar mit Albert Einstein und seiner Speziellen Relativitätstheorie verbunden. Vor zwei Jahren haben die beiden US-Physiker Stephen Boughn und Tony Rothman in einer im Fachmagazin „European Physical Journal“ veröffentlichten Studie den Beitrag Hasenöhrls zu der Theorie untersucht. Ihr Schluss: „In gewisser Weise waren Hasenöhrls Gedankenexperimente sowohl kühner als auch wohldefinierter als jene Einsteins.“

Hasenöhrl, am 30. November 1874 in Wien geboren, studierte in seiner Heimatstadt Mathematik und Physik. 1906 wurde er außerordentlicher Professor an der Technischen Hochschule Wien, der heutigen Technischen Universität (TU). Als im selben Jahr Ludwig Boltzmann starb, wurde Hasenöhrl dessen Nachfolger als Ordinarius für Theoretische Physik an der Uni Wien. Zu seinen Hörern zählten u.a. Hans Thirring und Erwin Schrödinger.

Zur Zeit Hasenöhrls war die enge Beziehung zwischen Energie und Masse bereits klar. Es war auch schon nachgewiesen, dass ein elektrodynamisches Feld Energie und einen Impuls besitzt - und deshalb auch eine träge Masse haben muss. Der Wiener Physiker fragte sich, noch bevor er Professor wurde, welche Masse wohl die Schwarzkörperstrahlung habe.

Hasenöhrl veröffentlichte 1904/05 drei Arbeiten über die „Theorie der Strahlung in bewegten Körpern“ und zeigte darin, dass die Strahlung in einem Hohlraum einen Beitrag zur trägen Masse dieses Hohlraums liefert, wenn dieser beschleunigt oder abgebremst wird. Sein Gedankenexperiment resultierte schließlich in der Formel E=3/4mc2 - sieht also Einsteins weltberühmter Gleichung schon sehr ähnlich.

Diese Ähnlichkeit wurde auch noch lange von Gegnern Einsteins, vor allem von den Vertretern der nationalsozialistischen „Deutschen Physik“, dazu benutzt, um das Schaffen des weltberühmten Physiker zu diskreditieren. Doch Einsteins Verdienst wird durch Hasenöhrls Arbeiten nicht geschmälert: Ihm ist die Erkenntnis zu verdanken, dass die Äquivalenz von Masse und Energie für jedes physikalische System gilt, nicht nur für Hohlraumstrahlung.

Hasenöhrl war Teilnehmer der ersten beiden renommierten Solvay-Konferenzen (1911 und 1913). 1914 meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst. Im Alter von nur 40 Jahren wurde er am 7. Oktober 1915 in Südtirol tödlich verwundet.