Ein Dorf fiebert der Passion entgegen
Im Passionsspielhaus in Thiersee sind die Proben mit Diethmar Straßer für die Spiele im Jahre 2016 in vollem Gang. 250 Thierseerinnen und Thierseer wirken ab 12. Juni bei 25 Aufführungen mit.
Von Wolfgang Otter
Thiersee –Vorbei ist es mit der Sonntagsruhe beim Thierseer Passionsspielverein – wenn Regisseur Diethmar Straßer ins Tal kommt, dann heißt es für die Mitglieder ein Wochenende lang volle Konzentration. Immerhin wird sich ab 12. Juni 2016 wieder der Vorhang für das Gemeinschaftskunstwerk Passionsspiele heben, womit eine über 200 Jahre alte Tradition weitergeführt wird.
Zu proben gibt es für Straßer und seine beiden Assistenten Michael Pirchmoser und Konrad Sieberer jede Menge. Gerade die beiden neuen Jesusdarsteller Christian und Michael Juffinger müssen ihre Rolle von Anfang an einstudieren. Dass die beiden Cousins sind, zeigt, dass die Spiele in den Familien des Tales verankert sind. Deshalb steht Straßer mit einem Teil seines Schauspieler-Teams auch am vergangenen Sonntag schon lange vor dem „Zwölfeläuten“ auf der Bühne. Einem Dirigenten gleich gibt er mit großer Gestik Einsätze, schreit mit, wuselt über die Bühne, ermahnt den einen oder anderen Darsteller nicht auf das „Thierseer t“ zu vergessen und macht notfalls Michael Juffinger vor, wie Jesus wirkungsvoll zusammenbrechen soll.
Währenddessen sitzt der zweite Christusdarsteller die ganze Zeit auf der Seite und prägt sich das Gesagte ein. Den zweiten Szenendurchlauf wird dann er spielen.
Regiearbeit ist auch körperlicher Einsatz und Vielseitigkeit, wie sich hier zeigt. Da erinnert sich Konrad Sieberer auch, dass er für die Probenarbeit in den vergangenen Jahren mehrmals am Kreuz „gehangen“ ist. Michael Pirchmoser muss am Sonntag sogar ein junges Mädchen mimen, das Jesus salbt. Allen dreien ist eines gemeinsam: Sie haben bereits mehrmals in der Regie mitgewirkt. An die 70 Proben hat das Trio bis zur Premiere eingeplant.
2016 wird es nicht nur neue Jesus-Darsteller, sondern mit Silvia Egerbacher-Lechner eine neue Maria und mit Regina Kröll eine neue Maria Magdalena geben. Auch in der Handlung selbst wird sich einiges ändern. „Nächstes Jahr wird es einen sehr menschlichen Jesus geben. Einen, der verzweifelt ist, auch jähzornig sein kann“, erzählt Straßer. Noch haben die Darsteller bei der Probe die Textbücher in der Hand, um mehr Sicherheit zu bekommen. Daher kann es schon sein, dass der Judasdarsteller Klaus Mairhofer derart über Jesus’ Weigerung, die Massen aufzuwiegeln, in Rage gerät, dass er den Text vergisst und in „blablabla“ umdichtet. Bei der Probe zeigt sich: 2016 wird eine Passion mit viel Schwung und Emotionen zu sehen sein. „Aber wir wollen kein Schauspiel zeigen, sondern zum Nachdenken anregen“, sagt Straßer. Er hat einen „zweiten Handlungsstrang eingefügt“, wie er schildert. Dabei kommentieren Personen in sieben neuen Szenen Jesus und seine Bedeutung bzw. das Geschehen. Letztlich werden bis zu 250 Thierseer hinter und auf der Bühne an den Spielen mitwirken. „Wir erwarten in den 25 Aufführungen bis zu 15.000 Besucher“, erklärt Vereinsobmann Hans Kröll. Infos sowie Vorverkaufskarten im Internet auf www.passionsspiele-thiersee.at oder telefonisch unter 05376/5220.