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„Die Serversklaven“: Studenten in China verrichten Zwangsarbeit

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© Clean_IT

Chinesischen Studenten müssen IT-Hardware unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren.

Wien –Zehntausende chinesische Schüler und Studierende arbeiten jeden Sommer als Praktikanten an den Fertigungslinien von IT- und Elektronikunternehmen, die für die größten Markenhersteller der Welt produzieren. Viele von ihnen sind zu einem solchen Praktikum gezwungen: Weigern sie sich, können sie ihre Ausbildung nicht abschließen. Diese Zwangspraktika sind, so die Nichtregierungsorganisation Südwind, ein Verstoß gegen die Konvention gegen Zwangsarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Ein erheblicher Teil der von den jungen chinesischen Praktikanten produzierten IT-Hardware landet in europäischen Universitäten, wo sie dazu dient, Millionen jungen Europäern eine gute Ausbildung zu bieten.

Der heute von Südwind veröffentlichte Bericht „Die Serversklaven“ dokumentiert die systematische Ausbeutung chinesischer Studierender in der Produktion von IT-Ausstattung für Universitäten und Hochschulen in Westeuropa. Tausende chinesische Studierende arbeiten zehn bis zwölf Stunden am Tag, sechs Tage die Woche, für bis zu fünf Monate unter Bedingungen, die den chinesischen Arbeitsrechtsstandards sowie den Richtlinien für Praktika in China widersprechen.

Ein Studentin an der Huanggang Normal University in der Provinz Hubei meinte bei einer Befragung: „Kurz vor dem Sommer teilte uns die Schule mit, dass wir für ein Praktikum hierher geschickt werden würden. Viele Studierende protestierten, denn wir studieren Rechnungswesen im Hauptfach und und interessieren uns für relevante Praktika. Die Schule sagte uns, dass wir kein Diplom bekämen, wenn wir uns weigerten.“

Experten in China und an Universitäten in anderen Ländern beschreiben die Zwangspraktika in IT- und Elektronikunternehmen wie Wistron als Zwangsarbeit. Dazu gehört etwa Liu Kaiming, Experte für chinesisches Recht und Direktor des Institute of Contemporary Observation: „Wenn Studierende gezwungen werden, ein Praktikum bei Elektronikunternehmen zu absolvieren, um ihren Abschluss machen zu können, ist das de facto Zwangsarbeit.“

Der Bericht vermerkt, dass Hochschuleinrichtungen in Westeuropa im laufenden Jahr bisher 4,27 Milliarden Euro für IT-Hardware, Software und Dienstleistungen ausgegeben haben, um Millionen jungen Europäern eine gute Ausbildung zu bieten. Im Jahr 2014 gaben sie allein für Server 461,38 Millionen Euro aus. Mit einem Marktanteil von 28 Prozent ist hier Hewlett-Packard (HP) der Marktführer. Konkurrent Dell kontrolliert 13 und Lenovo elf Prozent des Marktes.

Nachdem sie mit den Ergebnissen der Untersuchung konfrontiert wurden, haben sowohl HP als auch Dell mehrere Verletzungen der Rechte von Praktikanten eingestanden und deren Einsatz in ihren Produktionslinien bei Wistron temporär ausgesetzt.

In einer Stellungnahme von Hewlett-Packard heißt es: „Der Einsatz von Studierenden wurde in den Produktionslinien von HP bei Wistron, Zhongshan eingestellt. Wir arbeiten mit der Betriebsleitung zusammen, um sicherzustellen, dass Studierende im entsprechenden Lernumfeld eingesetzt werden“.

Andrea Ben Lassoued, Leiterin der Clean-IT-Kampagne bei Südwind, meinte abschließend „Zwangspraktika sind ein weit verbreitetes Problem in der Elektronikproduktion. Sei es nun in China, auf den Philippinen oder in Thailand, Wistron sei kein Einzelfall. (TT.com)

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