OECD legt Aktionsplan gegen Steuerflucht der Konzerne vor

Berlin (APA/Reuters) - Mit den Steuertricks weltweiter Konzerne soll bald Schluss sein: Nach jahrelangen Beratungen haben sich die großen In...

Berlin (APA/Reuters) - Mit den Steuertricks weltweiter Konzerne soll bald Schluss sein: Nach jahrelangen Beratungen haben sich die großen Industrie- und Schwellenländer auf einen Aktionsplan geeinigt, der es digitalen Multis wie Amazon oder Google künftig unmöglich machen soll, sich vor den Behörden - legal - arm zu rechnen.

Der am Montag von der Industrieländerorganisation OECD vorgestellte 15-Punkte-Plan habe letztlich „den Tod der Briefkastenfirmen“ zum Ziel, hieß es in der OECD. Sie hatte 2012 von den G-20-Staaten den Auftrag zur Entwicklung des Katalogs erhalten, den die G-20-Finanzminister am Donnerstag in Lima beschließen wollen. Gelingt seine Umsetzung, winken ihnen Milliardeneinnahmen.

Wie drängend das Problem der „Aushöhlung der Steuerbasis und Gewinnverlagerung“ (BEPS) durch die Konzerne mittlerweile ist, demonstriert die OECD an einer Zahl: Sie schätzt, dass durch das Ausnutzen der Unterschiede in den nationalen Steuersystemen weltweit bis zu 240 Mrd. Dollar im Jahr verloren gehen - das wären zehn Prozent aller Körperschaftsteuereinnahmen.

Durch die Digitalisierung werden die Konzerne immer mobiler. Dass die maßgeblich vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble mit angestoßene BEPS-Initiative nun zu einem Ergebnis kommt, liegt aber auch am wachsenden öffentlichen Druck, nachdem über die Steuerpraxis digitaler Multis berichtet wurde.

Mit dem BEPS-Aktionsplan soll vermieden werden, dass sich die Staaten in einen ruinösen Wettbewerb um die immer spärlicher fließenden Steuermilliarden zwingen lassen. Die zentralen Elemente des Plans sollen bis 2017 in Kraft sein. Der OECD zufolge haben sich bisher 62 Staaten hinter den Aktionsplan gestellt, die zusammen 98 Prozent des Welt-BIP repräsentieren.

Ziel der Initiative ist es, dass jeder Unternehmensgewinn einmal nach üblichen Maßstäben versteuert wird. Es soll also sowohl eine Doppelbesteuerung als auch eine „Doppelt-Nicht-Besteuerung“ vermieden werden. Dazu ist geplant, dass Konzerntöchter ihre Gewinne nicht mehr durch überhöhte Zinsen für einen Kredit der Konzern-Mutter ins steuergünstigere Ausland verschieben können. Das gleiche gilt für die Preise, die sich Konzernteile gegenseitig in Rechnung stellen. Hier wird das Prinzip gestärkt, dass sich die „Verrechnungspreise“ an den Preisen orientieren müssen, die ein Dritter bezahlen müsste.

Zudem werden einheitliche Regeln für Steuerprivilegien für Lizenzeinkünfte aufgestellt. Solche „Patentboxen“ im Steuerrecht darf es nur noch für Erträge aus Forschung geben, die das Unternehmen auch in dem Land getätigt hat. Bisher ist es ein beliebter Trick, Patente des Konzern auf ein Tochterunternehmen in einem Land mit Patentbox zu verlagern.

Ins Visier nimmt die OECD aber auch Steuergestaltungen, die darauf abzielen, das keine klare Betriebsstätte mehr erkennbar ist - und damit kein Ansatzpunkt mehr für eine Besteuerung. Dazu sollen Doppelbesteuerungsabkommen angepasst werden. Das Problem der Betriebsstätte tritt zum Beispiel bei Online-Händlern auf, die in einem Land nur ein Versandlager betreiben. Bisher sind sie deshalb dort nicht steuerpflichtig. Künftig soll ein solches Auslieferungslager entsprechend seines Gewinnanteils als eine Betriebsstätte gelten.

Die teilnehmenden Länder sollen dem Plan nach vermehrt Informationen austauschen, zum Beispiel über steuerliche Zusagen, die sie Unternehmen gemacht haben. Solche „Tax Rulings“ nimmt derzeit die EU-Kommission unter die Lupe, nachdem bekannt geworden war, dass Luxemburg, Irland und die Niederlande mit Konzernen besonders günstige Steuer-Deals abgeschlossen hatten. Multinationale Unternehmen sollen verpflichtet werden, standardisierte Angaben über zentrale Kennziffern wie Umsatz und Anzahl der Mitarbeiter in den jeweiligen Ländern zu machen, die dann den dortigen Steuerbehörden zur Verfügung gestellt werden.

Im US-Kongress regt sich allerdings erster Widerstand dagegen, solche Daten von US-Konzernen Steuerbehörden im Ausland zur Verfügung zu stellen. Auch über andere Punkte des Aktionsplans dürfte weiter diskutiert werden. So wenden erste Kritiker ein, dass die Patentbox-Regel zur Folge haben könnte, dass zwar nicht mehr die Patente ins Ausland verschoben würden, sondern stattdessen gleich die gesamte Forschungsabteilung.

~ WEB http://www.oecd.org/ ~ APA428 2015-10-05/16:07