Flüchtlinge - Faymann mit Tsipras auf Lesbos: Besuch von „Hotspots“

Lesbos/Brüssel (APA) - Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist am Dienstag auf Lesbos mit seinem Amtskollegen Alexis Tsipras zusammengetroffe...

Lesbos/Brüssel (APA) - Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist am Dienstag auf Lesbos mit seinem Amtskollegen Alexis Tsipras zusammengetroffen. Gemeinsam mit dem linksgerichteten Regierungschef Griechenlands wollte Faymann auf der von Flüchtlingen überlaufenen griechischen Ostägäisinsel zwei sogenannte Hotspots, also zwei Registrierungsstellen für Migranten, besuchen und auch den EU-Koordinator Maarten Verwey treffen.

„Du wirst sehen, dass das Problem ein europäisches Problem ist“, erklärte Tsipras am frühen Nachmittag nach der Ankunft auf Lesbos, wie das staatliche griechische Fernsehen (ERT) und die deutsche Nachrichtenagentur dpa berichteten. Die Hotspots sollen weiter ausgebaut werden und durch zusätzliche Beamte aus anderen Staaten der EU bis November verstärkt werden. Österreich hat die Entsendung von 100 Experten nach Griechenland zugesagt.

Weiters standen ein Besuch im Flüchtlingsdorf „All Together“ und im Hafen von Mytilini auf dem Programm. Im Vorfeld seiner Reise hatte Faymann am Dienstag nach dem Ministerrat zum Thema Hotspots gesagt: „Das ist eine nicht ganz einfache Aufgabe, aber eine politisch richtige“. Österreich werde bei der Inbetriebnahme der Registrierungszentren in Griechenland ebenso seinen Beitrag leisten, wie bei der finanziellen Unterstützung des World Food Programme der UNO mit 30 Mio. Euro.

„Wenn mehrere Menschen Richtung Grenze unterwegs sind, dann sind sie nicht so leicht aufzuhalten“, betonte er die Notwendigkeit des Projekts. Eine Verteilung der Flüchtlinge könne aber sinnvoller Weise nur in Italien oder Griechenland passieren, so der Kanzler.

Auf der Insel Lesbos sollen mehr als 4.000 Migranten auf ihre Registrierung und ihre Weiterfahrt zum griechischen Festland warten. Am Dienstagvormittag waren an Bord von zwei Fähren mehr als 2.500 Migranten aus Lesbos in Piräus eingetroffen, wie das Staatsfernsehen weiter berichtete. In ihrer Mehrheit wollen sie weiter nach Westeuropa fahren. In Griechenland sind auf fünf Inseln Hotspots geplant. Neben Lesbos auch auf Chios, Samos, Leros und Kos, teilte die Athener Regierung laut dpa mit.

Der EU-Militäreinsatz gegen Schlepper im Mittelmeer wird ab morgen (Mittwoch) ausgeweitet. Ziel des Einsatzes ist, Schleppern im Mittelmeer das Handwerk zu legen, indem verdächtige Schiffe aufgebracht und zerstört werden. Die EUNAVFOR Med genannte Mission wird einer EU-Mitteilung zufolge in „Sophia“ umbenannt - nach einem Flüchtlingsbaby, das im August vor der Küste Libyens auf einem Schiff der Mission auf die Welt gekommen sei. Das Hauptquartier der Mission wurde in einem Militärflughafen in Rom eingerichtet.

EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte unterdessen vor einer weiteren Flüchtlingswelle mit bis zu drei Millionen Flüchtlingen, wenn das Regime von Präsident Bashar al-Assad in Syrien als Sieger aus dem Krieg hervorgeht. Tusk forderte am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg rasch eine bessere Kontrolle der EU-Außengrenze. „Für alle Flüchtlinge ist der mangelnde Schutz der Außengrenzen ein Magnet geworden.“

In Flüchtlingslagern in der Region sei er gewarnt worden, dass ein möglicher Sieg des Assad-Regimes zu weiteren Flüchtlingswellen führe. Durch die Kriegsbeteiligung des Iran und Russlands sei dies wahrscheinlich geworden. Dies habe auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigt. So könnten weitere drei Millionen Flüchtlinge aus Aleppo kommen.

Tusk kündigte an, dass sich der nächste EU-Gipfel in zehn Tagen wieder mit der Migration beschäftigen wird. „Am wichtigsten ist die Wiederherstellung der Kontrolle an den EU-Außengrenzen“, sagte Tusk. Auch für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und den französischen Präsidenten Francois Hollande, die beide am morgigen Mittwoch im EU-Parlament sprechen, sei dies eine besondere Herausforderung.

„Es geht um den Schutz der europäischen Gemeinschaft und ihrer Außengrenzen. „Sonst sind wir verantwortlich für das Wiederauftreten von Grenzen innerhalb Europas“, warnte Tusk. „Europa ohne Außengrenzen ist ein Europa ohne Schengen“, und „ein Nährboden für Angst“. Dies würde früher oder später zu einer politischen Katastrophe führen.“

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker kündigte die Entsendung von 600 EU-Beamten nach Griechenland zum Schutz der Außengrenze an. Er appellierte an das EU-Parlament, die Aufstockung der Mittel für die EU-Grenzschutzagentur Frontex und für Europol rasch zu billigen. Zum Schutz seiner Außengrenze brauche Europa die Türkei.

Juncker kündigte an, dass EU-Kommissionsvize Frans Timmermans in die Türkei reisen wird, um entsprechende Absprachen aus zuverhandeln. „Diese Verhandlungen müssen auch politisch geführt werden, diese Politiken haben natürlich ihren Preis“, sagte Juncker.

Die EU-Kommission prüfe gerade, ob EU-Staaten wegen der Flüchtlingskrise Ausnahmen aus dem Stabilitätspakt geltend machen könnten, sagte Juncker. Die EU-Kommission sei „aufgeschlossen, nicht für jedes x-beliebige Abenteuer, aber für Vorschläge“, sagte er.