Forscher untersuchten Fossilien von Säugetier-Gebärmutter
Einer aktuellen Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien zufolge, gebaren Mini-Urpferde vor 48 Millionen Jahren in derselben Art wie heutige Pferde.
Wien – Eine hochträchtige Urpferd-Stute versank im Wasser – von einem Alligator beim Trinken hineingerissen oder von Vulkandämpfen betäubt darin versunken. 48 Millionen Jahre danach hat ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung den fast komplett erhaltenen Fötus und seine Lage im Mutterleib studiert und viele Gemeinsamkeiten mit heutigen Pferden entdeckt. Die aktuelle Studie erschien nun im Fachblatt „Plos One“.
„Dieses Fossil unterscheidet sich in vielen Dingen von einem heutigen Pferd“, erklärte Christine Aurich vom Department für Kleintiere und Pferde der Veterinärmedizinischen Universität Wien im Gespräch mit der APA. Die Urpferde hatten als erwachsene Tiere gerade einmal dreißig Zentimeter Schulterhöhe und fünf bis sechseinhalb Kilogramm Körpergewicht sowie andere Schädel- und Fußformen als ihre heutigen Verwandten.
„Der Mutterkuchen und die Gebärmutter sind aber trotz all dieser Unterschiede anatomisch jenen von heutigen Pferden sehr ähnlich“, sagte Aurich. Von diesen Gemeinsamkeiten, und dass das Fortpflanzungssystem schon vor 48 Mio. Jahren so hoch entwickelt war, habe man bis dato nichts gewusst.
Gefunden wurde die Urpferd-Stute mit ihrem ungeborenen Kind bereits im Jahr 2000 in einer ehemaligem Ölschiefer-Abbaustätte bei Frankfurt, der sogenannten Grube Messel. Dort haben Hobbyforscher und Paläontologen bereits zahlreiche exzellent erhaltene Wirbeltiere, Insekten und Pflanzen entdeckt.
Untersuchung mit Röntgenstrahlen und Elektronenmikroskopen
Die Forscher haben die in Kunstharz eingebetteten versteinerten Überreste der Stute und ihres etwa zwölfeinhalb Zentimeter großen Fötus mit hochauflösenden Röntgenstrahlen und Elektronenmikroskopen untersucht. Dabei fanden sie auch konservierte Weichgewebe vom Mutterkuchen und der Gebärmutter. Dies seien wohl die ältesten bekannten Fossilien des Gebärmutter-Systems von Säugetieren, erklärten sie. Vor allem seien aber die Knochen fast vollständig vorhanden und sehr gut erhalten.
„Der Schädel des Fötus ist zerdrückt und das linke Vorderbein ist nicht mehr komplett, aber alle anderen Knochen liegen in ihrer Position und sind auch so im Skelett verankert, wie bei dem gerade verstorbenen Tier“, sagte Aurich. Aus seiner Lage im Mutterleib und dem fortgeschrittenen Verknöcherungs-Status des fötalen Skeletts könne man schließen, dass die Geburt kurz bevorstand.
Es sei unwahrscheinlich, dass die beiden direkt während der Geburt starben, so die Forscher. Denn die Vorderbeine waren noch nicht in Richtung des Geburtskanals gestreckt und der Brustkorb nicht in jene Richtung gedreht, wie es bei heutigen Pferden geschieht. „Man nimmt an, dass die Stute beim Trinken von einem Alligator angefallen und von ihm ertränkt wurde, oder dass sie durch giftige Gase gestorben und an den Boden des Sees, der dort damals war, gesunken ist“, erklärte Aurich. Bei anderen Skeletten habe man nämlich Bissspuren entdeckt und man wüsste von vulkanischen Tätigkeiten in dieser Gegend. Zu dieser Zeit herrschte dort tropisches oder subtropisches Klima. Die kleinen Urpferde lebten offenbar in Gruppen wie heutige Pferde in freier Wildbahn, erläuterte die Forscherin. (APA)