Und in der Wand eine Bank
Der Klettersteig-Boom hält nach wie vor an: Einer der neuesten Vie Ferrate ist in diesem Sommer in der Geierwand bei Haiming entstanden. Und so viel steht fest: Der Steig ist ein Genuss.
Von Irene Rapp
Haiming –Wenn man etwas in Sachen Klettersteig wissen will, sollte man Axel Jentzsch-Rabl fragen. Der gebürtige Niederösterreicher, der in Bad Häring wohnt, kennt nicht nur die meisten Anlagen in Tirol, sondern auch im Rest Österreichs – ist er doch Herausgeber des soeben neu erschienenen „Klettersteigführers Österreich“.
So gibt es allein in unserem Bundesland über 100 Klettersteige, „und es wird weiter gebaut, allerdings entstehen meist leichtere“, sagt Jentzsch-Rabl. In diese Kategorie fällt z. B. der Klettersteig durch die Geierwand oberhalb von Haiming. Vergangenen Samstag haben wir diese nach Süden ausgerichtete Felswand am Tschirgant durchklettert – und waren überrascht.
Zum einen, weil die hohe Wand auf den ersten Blick wenig attraktiv zu sein scheint, beim Durchsteigen allerdings ihre Pluspunkte zeigt. Zum anderen, weil der neue Klettersteig aufgrund der nicht zu hohen Schwierigkeit (meist im B-, wenige Male im C-Bereich) und der vielen Tritthilfen auch mit größeren, geübten Kindern durchstiegen werden kann. Die Länge (rund 800 Meter Stahlseil) darf jedoch nicht unterschätzt werden. Nicht zu vergessen: Der befürchtete Autobahnlärm hält sich in Grenzen – und der Abstieg ist dann noch einmal ein Vergnügen für sich.
So kommt man hin: Wenn man am Parkplatz nach dem Gasthaus Rafting Alm in Haiming aussteigt, ist die Geierwand schon zum Greifen nahe. Der Beschilderung ostwärts folgend und die Autobahn überquerend erreicht man den Wandfuß in zehn Minuten. Der Klettersteig kann mit zwei Einstiegen aufwarten, „der rechte ist der leichtere“, so Jentzsch-Rabl.
Wir haben uns für den linken Einstieg entschieden, der gleich zu Beginn durch eine glatte Platte steil nach oben zieht. Am vergangenen sonnigen Samstag offenbarte sich noch ein weiterer Reiz dieses Steiges: Weil er südseitig ausgerichtet ist, ist man durchwegs in der Sonne – „im Sommer hatte es hier bis zu 40 Grad, weswegen es Probleme beim Einbohren der Tritthilfen gab“, erzählt Jentzsch-Rabl. Das bedeutet aber auch, dass der Steig wohl viele Monate im Jahr begehbar ist.
Weiter ging es durch die Wand in einer interessanten Linienführung, mit tollen Ausblicken auf das Inntal und einer blitzgelben Bank, auf der man eine Pause einlegen konnte. Ein Highlight des Steiges: Sofort nach der Bank geht es in eine kleine Schlucht hinein, die mit einer kurzen Seilbrücke aufwarten kann. Erst ganz am Schluss ist die schwierigste Stelle des Klettersteiges zu bewältigen – u. a. muss eine luftige Passage gequert werden. Aber wie gesagt, das sollte alles kein großes Problem darstellen.
Der Ausstieg führt dann seilgesichert in ein Waldstück, dort kann man eine Rast einlegen. Aufmerksamkeit und Trittsicherheit erforderte der Abstieg, der in einem weiten Bogen auf zum Teil jahrhundertealten Steigen wieder zum Ausgangspunkt zurückführt (bei einer Wegteilung gleich zu Beginn des Abstiegs rechts bleiben/Pfeil). Fazit: Der neue Klettersteig ist einen Ausflug wert!
Infos zum Klettersteig
Ausgangspunkt: Durch Haiming fahren, den Inn überqueren, sofort rechts und dort parken, wo die Rafter aussteigen.
Daten zum Klettersteig: Der talnahe Geierwand-Klettersteig ist 800 Meter lang und führt durch die 400 Meter hohe Geierwand. Die Schwierigkeiten halten sich in Grenzen (B, max C). Kletterzeit: ab 1,5 Stunden, Abstieg (gelb markiert): ab 45 Minuten.