Merkel nimmt Flüchtlingspolitik stärker selbst in die Hand
Berlin (APA/AFP) - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt die Flüchtlingspolitik stärker selbst in die Hand: Das Bundeskabin...
Berlin (APA/AFP) - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt die Flüchtlingspolitik stärker selbst in die Hand: Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch ein Konzept, mit dem Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) die politische Koordination der Flüchtlingspolitik übertragen wird.
Innenminister Thomas de Maiziere (CDU), der die „operative Koordinierung“ der Flüchtlingspolitik behält, begrüßte die Neuordnung. Die Opposition sprach hingegen von einer Entmachtung des Ministers.
Altmaier soll als politischer Gesamtkoordinator für alle Aspekte der aktuellen Flüchtlingslage agieren. Dafür wird eine Stabsstelle im Kanzleramt eingerichtet. Ständiger Vertreter Altmaiers soll Staatsminister Helge Braun werden, der im Kanzleramt für die Bund-Länder-Koordination zuständig ist.
Der Lenkungsausschuss „Bewältigung der Flüchtlingslage“ im deutschen Innenministerium wird von Innen-Staatssekretärin Emily Haber geleitet. Auch hier soll allerdings künftig Braun einer der ständigen Vertreter sein. In dem Ausschuss, der auf Staatssekretärsebene tagt, sind neben den Ressorts auch die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz und das Bundespresseamt vertreten.
Das Innenministerium behält die Zuständigkeit für Recht und Gesetzgebung, die Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge sowie für deren Asylverfahren, die eventuelle Rückführung, ihre Sicherheit und gesellschaftliche Integration. Für den Transport ist das Verkehrsministerium verantwortlich, um die Bekämpfung der Fluchtursachen kümmern sich das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium. Für Haushalt und Finanzen ist das Finanzministerium zuständig, für Fragen der Gesundheit und die Integration in den Arbeitsmarkt das Arbeitsministerium. Der Bereich Unterbringung und Liegenschaften wird dem Verteidigungsministerium zugewiesen.
De Maiziere sagte in Berlin, es werde auf seinen Vorschlag hin „eine Bündelung der Zuständigkeiten“ vorgenommen, um der Aufgabe organisatorisch gerecht zu werden. Auch der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter trat dem Eindruck entgegen, de Maiziere werde entmachtet: „Niemand nimmt dem Bundesinnenminister etwas weg.“
Zustimmung kam auch von der SPD. Fraktionsvize Axel Schäfer sprach im Deutschlandfunk von einem „Schritt nach vorne“. Es habe sich gezeigt, „dass wir insgesamt in Deutschland, aber auch das Innenministerium nicht genügend vorbereitet war“.
Hingegen erklärte Linken-Chef Bernd Riexinger, der Umgang mit Flüchtlingen hätte seit Anfang des Jahres „Chefinnensache“ sein müssen. „Immerhin wird nun endlich der Pannenminister de Maiziere in die Schranken verwiesen.“ Der Grünen-Innenexperte Volker Beck sagte dem Düsseldorfer „Handelsblatt“, der Innenminister bekomme jetzt einen „Vorgesetzten“.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte im Berliner „Tagesspiegel“ vom Mittwoch den Aufbau eines eigenständigen Integrationsministeriums. „Weiterhin das Innenministerium mit der Aufgabe der gesellschaftlichen Integration der Flüchtlinge zu betrauen, dürfte sich als Fehler erweisen“, kritisierte die Politikerin.
In der CDU machten Kritiker gegen die Flüchtlingspolitik von Merkel (CDU) mobil. In einem Brief an die Kanzlerin, den „Focus Online“ im Internet veröffentlichte, forderten mehr als 30 CDU-Politiker vor allem von der Landes- und Kreisebene die Kanzlerin zu einem Kurswechsel auf. „Die gegenwärtig praktizierte ‚Politik der offenen Grenzen‘ entspricht weder dem europäischen oder deutschen Recht, noch steht sie im Einklang mit dem Programm der CDU“, heißt es in dem Brief. Der Städte- und Gemeindebund forderte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Mittwoch eine Beschränkung des Familienzuzugs der Flüchtlinge.
(NEU: Zustimmung von de Maizière und der SPD, Kritik des Grünen-Politikers Beck)