Ex-NATO-Chef: Europa nicht für Flüchtlingskrise verantwortlich

Wien (APA) - Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält die europäischen Staaten nicht dafür verantwortlich, dass angesicht...

Wien (APA) - Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält die europäischen Staaten nicht dafür verantwortlich, dass angesichts der Bürgerkriege in Syrien, dem Irak und Afghanistan derzeit hunderttausende Menschen nach Europa ziehen. „Europa ist keinesfalls für die Flüchtlingskrise verantwortlich“, sagte Rasmussen im Gespräch mit der APA in Wien.

Die Verantwortung für die Lage in Syrien und dem Irak müssten vielmehr die Staaten in der Region übernehmen, sagte der frühere NATO-Chef. Deren Regierungen seien schuld an dem „Chaos“. Es brauche nun eine Intervention gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) durch Bodentruppen der Nachbarstaaten, sagt Rasmussen.

Der Däne war von 2009 bis 2014 NATO-Generalsekretär. Während seiner Amtszeit brach 2011 in Syrien der Bürgerkrieg aus, der auch auf den Irak überschwappte. Mitgliedstaaten der NATO unter Führung der USA unterstützen zusammen mit arabischen Ländern wie Saudi-Arabien und Katar die Gegner von Syriens Präsident Bashar al-Assad und fliegen dort und im Irak Luftangriffe gegen den IS.

Rasmussen beklagte das bisherige „Nichthandeln“ des UNO-Sicherheitsrates im Fall Syriens und verurteilte die jüngste Einmischung Russlands in den Konflikt. Moskau stütze die Regierung in Damaskus und verschlimmere damit die Lage. „Man kann nicht den Islamischen Staat bekämpfen und gleichzeitig das Assad-Regime retten“, sagte der Däne.

Das grausame Vorgehen der Regierung von Assad erlaube es dem IS, seine Gegner zu rekrutieren - auch Kämpfer der moderaten syrischen Opposition. „Solange das brutale Regime an der Macht bleibe, wird der Bürgerkrieg in Syrien weitergehen“, sagte Rasmussen, der am Dienstag Gastredner bei einer Tagung der internationalen Anwaltsvereinigung IBA in Wien war.

Als NATO-Chef war der Däne auch für den Abzug der Kampftruppen des Militärbündnisses aus Afghanistan mit Ende 2014 verantwortlich. Die Übergabe an die afghanische Armee sei auch angesichts des jüngsten Vorstoßes der Taliban-Rebellen die „richtige Strategie“ gewesen. „Sie schaffen es und sie sollten es auch schaffen“, sagte Rasmussen über das afghanische Militär.

Für richtig hält der frühere Regierungschefs Dänemarks auch seine Entscheidung zur Teilnahme seines Landes am Irak-Krieg von US-Präsident George W. Bush im Jahr 2003. „Ich glaube immer noch, dass das gerechtfertigt war, denn (der irakische Diktator) Saddam Hussein hielt sich nicht an eine Anzahl von Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates, und das musste natürlich Konsequenzen haben“, sagte Rasmussen.

Dänemark war, anders als die Kriegsgegner Deutschland und Frankreich, Teil der von den USA und Großbritannien geführten „Koalition der Willigen“ gegen das Regime von Hussein. Beim Einmarsch und Kämpfen zwischen den internationalen Truppen und den Aufständischen während der bis 2010 andauernden Besatzung starben nach Schätzungen zehntausende Iraker.

Rasmussen zog sich nach seiner Zeit als dänischer Regierungschef und NATO-Generalsekretär aus der Politik zurück. „Ich glaube, es ist am besten so. Wenn man einmal ‚Good-bye‘ gesagt hat, ist es nicht gut, wieder ‚Hallo‘ zu sagen“, sagte er in Wien.