Mit Autos durchs Leben: Neil Young schrieb zweite Memoiren

Wien (APA) - Neil Young hat das Schreiben entdeckt: Drei Jahre nach seinen Memoiren „Mein Hippie Traum“ erscheint am Freitag die deutsche Au...

Wien (APA) - Neil Young hat das Schreiben entdeckt: Drei Jahre nach seinen Memoiren „Mein Hippie Traum“ erscheint am Freitag die deutsche Ausgabe von „Special Deluxe“ (Kiepenheuer & Witsch), eine „AUTO-Biografie“ des Kanadiers. Es stehen tatsächlich Karossen im Mittelpunkt: Anhand seiner Fahrzeuge blickt der bald 70-Jährige zurück und findet auch noch Platz für ökologische Anliegen.

Seine Bücher sind eigenwillig wie seine Karriere. Beim Lesen der ersten Erinnerungen galt es viel Geschwafel über Modelleisenbahnen zu überstehen, beim Nachfolger verliert sich Young bei seiner Liebe für Karossen oft in Details, die wohl nur ähnliche Autonarren begeistern können. Da muss man wirklich dankbar sein, dass er von seinem ursprünglichen Vorhaben, auch über seine Hunde zu berichten, (zumindest großteils) Abstand genommen hat.

Das Konzept von „Special Deluxe“ macht allerdings Sinn, zumal Young mit bestimmten Wagen markante Abschnitte seines Lebens verbindet. Etwa mit dem Leichenwagen „Mort“, mit dem er als junger Musiker das Equipment seiner Band transportierte (Young besaß übrigens einen weiteren Leichenwagen mit Aufkleber „Shit Happens“). Oder mit einem Plymouth Special Deluxe, Gefährt während einer Zeit kreativer Höhenflüge mit Crazy Horse und der Annäherung an seinen Vater. Oder mit einen Eldorado, der „Nanu, der liebeskranke Elch“ genannt wurde. „Über die Jahre sind diese Wagen jeglicher Art Sinnbild für Ziele und Leistungen geworden, die ich auf meiner Lebensreise erreicht habe“, schreibt Young.

In „Special Deluxe“ sinniert Young nicht nur über Chrom, Motoren und Innenausstattungen. Der am Künstler interessierte Leser bekommt dazwischen persönliche Ansichten etwa über die Supergruppe CSNY („Zügellosigkeit und Egoismus waren an der Tagesordnung“), über die fertiggestellten und nie veröffentlichten Alben „Homegrown“ und „Toast“ oder über seine beste Begleitband Crazy Horse („Es war uns scheißegal, ob wir perfekt waren. Alles woran uns lag, war der Vibe, die Magie, etwas, das wir den ‚Swim‘ unseres Sounds nannten, in dem wir dahin schwammen und unsere Seelen in die Musik einfließen ließen.“).

Young erzählt, manchmal mit berührendem melancholischen Unterton, von seiner Familie, aber auch von Drogenerfahrungen („Ich experimentierte mit Kokain, rauchte immer noch eine Menge Gras und kippte mein tägliches Quantum Bier und Tequila.“) und der Krankheit seiner Söhne, von verstorbenen Weggefährten. Am Ende macht es auch Sinn, dass er immer wieder vorrechnet, wie viel Benzin er verfahren hat und wie viel CO2 dabei ausgestoßen wurde. Denn Young wird im Alter zum Verfechter von Biodiesel und Elektroautos. „Die intensive Lobbyarbeit, die mit Geld aus der Ölindustrie gesponsert wird, ist eines der größten Probleme für Amerikas Bemühungen um eine saubere Welt“, schlussfolgert er.

Über sich selbst reflektiert Young: „Einige Dinge, die ich getan habe, zeugen von nicht mal einem Fünkchen vernunftbegabten Denkens, an das ich mich eigentlich im Leben zu halten versuche; bestenfalls könnte man sie als Versuche sehen, mich von der Norm zu lösen.“ Und am Ende das Resümee: „Die Dinge sind nicht mehr so, wie sie waren. Sie kommen aus dem Takt. Ich tue, was ich kann, um den Takt zu halten, ihn zu bewahren.“ Darum darf Neil Young auch mal über Sprünge in der Windschutzscheibe und Auto-Lackierung schreiben, wenn‘s sein muss.

(S E R V I C E - Neil Young, „Special Deluxe - Eine AUTO-Biografie“, Kiepenheuer & Witsch, 416 Seiten, gebunden, 27,80 Euro)