Schweiz: Hypothekarkunden schultern für Sparer Last der Negativzinsen
Zürich (APA/sda) - Die Negativzinsen in der Schweiz werden nicht an Privatkunden weiter gereicht. Dennoch haben die Banken ihre Gesamterträg...
Zürich (APA/sda) - Die Negativzinsen in der Schweiz werden nicht an Privatkunden weiter gereicht. Dennoch haben die Banken ihre Gesamterträge konstant halten können. Sie kompensieren nämlich die Verluste bei den Kundeneinlagen mit deutlich höheren Margen im Kredit- und Hypothekargeschäft.
Der Negativzins in der Schweiz benachteiligt damit Hypothekarkunden zugunsten von Sparern, wie eine Untersuchung von EY ergeben hat. Das Beratungsunternehmen hat dabei die Zahlen von 386 Schweizer Retailbanken der Jahre 2003 bis 2014 sowie die Halbjahresbilanzen per Ende Juni 2015 analysiert.
Die Zinsmarge der Schweizer Retailbanken ist seit 2007 beziehungsweise seit dem Beginn des Niedrigzinsumfeldes bis 2014 rückläufig, wie EY feststellt. Die durchschnittliche Marge der Banken ging in diesem Zeitraum von 1,61 auf 1,19 Prozent zurück.
Bereits Ende 2014 konnten die Banken daher keine Erträge zur Deckung ihrer Betriebskosten auf neuen Einlagen mehr erwirtschaften. „Spareinlagen waren nur interessant zur Refinanzierung des Kreditgeschäftes und von Hypotheken“, erklärt Peppi Schnieper von EY Financial Services.
Die Folgen des Negativzinses werden, so seine Schlussfolgerung, heute praktisch ausschließlich von Kreditkunden und insbesondere Hypothekarkunden getragen. Die Konditionen für Einlagen von Privatpersonen und kleineren Firmenkunden sind, obwohl es aufgrund des Marktzinsniveaus angebracht wäre, nominal immer noch leicht positiv.
Laut der Studie erwirtschaftete eine typische Retailbank per Ende September 2015 auf neue Einlagen eine negative Marge von rund 0,50 bis 0,80 Prozent. Diese negative Marge werde vollständig an Kreditnehmer weiter gereicht. Die typische Marge von Hypothekarkrediten etwa habe sich im Zeitraum zwischen Anfang Jahr und Ende September in einem ähnlichem Ausmaß erhöht.
Kreditkonditionen und Spareinlagensätze haben sich damit laut EY vom Marktzins entkoppelt: Die Kredite seien heute zu teuer und die Spareinlagen würden zu hoch verzinst.
Die Studie schlussfolgert, dass für Schweizer Banken Obligationenanleihen und Pfandbriefe heute eine deutlich günstigere Refinanzierungsquelle seien als Einlagen. Sie würden von den Banken auch sehr aktiv genutzt. Limitiert werde der Einsatz allerdings durch die geringe Größe des Schweizer Anleihenmarktes.
Die aktuell deutlich erhöhten Margen im Schweizer Hypothekargeschäft führen laut EY auch zu einer verstärkten Aktivität von Nicht-Banken, namentlich Versicherungen und Pensionskassen. Bisher sei es aber weder Versicherungen noch Pensionskassen gelungen, eine flächendeckende starke Konkurrenz zu den Banken im Hypothekargeschäft aufzubauen.