Von Gummi Arabicum und Terpentin: „Konkrete Kunst“ im Essl Museum
Klosterneuburg (APA) - Unter dem Titel „Konkrete Kunst“ zeigt das Essl Museum in Klosterneuburg bis 31. Jänner 2016 eine Personale von Johan...
Klosterneuburg (APA) - Unter dem Titel „Konkrete Kunst“ zeigt das Essl Museum in Klosterneuburg bis 31. Jänner 2016 eine Personale von Johanna Kandl. Die Künstlerin geht in ihren neuen Arbeiten der Malerei buchstäblich auf den Grund: Sie setzt sich mit Materialienkunde auseinander, legt kulturgeschichtliche und globale wirtschaftliche Zusammenhänge der Rohstoffe offen und „erzählt“ - auch per Video - Geschichten dazu.
Gemeinsam mit ihrem Mann Helmut Kandl recherchierte sie u.a. im Sudan und auf der griechischen Insel Chios. Terpentin, Gummi Arabicum, Mastix, Perlleim, Leinöl wurden auf ihre Stofflichkeit und Herstellung untersucht. „Eine wunderbare Ausstellung, in der man viel lernen kann“, meinte Agnes Essl am Donnerstag bei der Presseführung vor der Eröffnung am Abend. Sie schätze die Arbeit Johanna Kandls seit vielen Jahren. Die Hausherrin hob zugleich die „Gemeinsamkeit“ des sich gegenseitig inspirierenden Künstlerehepaares hervor: „Mein Mann und ich sind auch so eine Einheit.“
Kurator Günther Oberhollenzer bezeichnete Johanna Kandl als „Künstlerin, die den Dingen auf den Grund geht“, die sich für das Konkrete, das Detail interessiere. Aus Fragestellungen entstünden immer neue Fragen, so Kandl: „Je mehr man weiß, desto rätselhafter wird es.“ Dass sie sich der Materialienkunde widme, bedeute aber keine Abkehr von gesellschafts- und sozialpolitischer Betrachtung, die jeweils im Hintergrund stehe. Vor ihren Reisen zu Recherchezwecken baue sie sich Beziehungen auf, um dann im Land am Thema „anzudocken“.
„Terpentinbäume“ fand Kandl im Wiener Becken, erklärt wird dazu die Arbeit der Pecher, Arbeiten aus Anbaugebieten des Gummi Arabicum Baumes (Senegal-Akazie) wird ein Video tanzender afrikanischer Frauen zur Seite gestellt. Man erfährt auch, dass der aus dem Pflanzensaft der Akazie gewonnene Extrakt eine Ingredienz von Coca Cola ist.
Neben neuen Arbeiten sind auch Malereien früherer Schaffensphasen zu sehen, in denen sich Kandl mit Markt und Ökonomie auseinandersetzt. Sie zeigt das Leben der kleinen Händler, kleinstädtische Märkte und prekäre Arbeitsverhältnisse und verknüpft diese mit weltökonomischen Fragestellungen. Eine Reihe von weiteren ironisch-kritischen Videoarbeiten, die sie zusammen mit ihrem Mann konzipiert hat, ergänzt die Schau, zu der ein umfangreicher Katalog erschienen ist.
Das Interesse an den stofflichen Bestandteilen der Malerei hat auch autobiografische Hintergründe: Die in Berlin und Wien lebende Künstlerin (Jahrgang 1954) verbrachte als Kind viel Zeit in der Farbenhandlung ihrer Eltern in Wien-Floridsdorf. Unweit davon befindet sich heute ihr Wiener Atelier.
(S E R V I C E - Essl Museum, Klosterneuburg: „Johanna Kandl - Konkrete Kunst“, 9.10.-31.1.2016, www.essl.museum)