AMS Kitzbühel: Arbeitslosigkeit hat sich geändert
Seit nunmehr vier Monaten geht im Bezirk Kitzbühel die Zahl der Arbeitslosen wieder zurück. Im Interview mit der TT spricht AMS-Chef Dag über Zumutbarkeit, Asylwerber und über Veränderungen.
Kitzbühel — Viele Jahre lang glänzte der Bezirk Kitzbühel nahezu mit Vollbeschäftigung. Die wirtschaftliche Situation ist jedoch am Bezirk nicht spurlos vorübergegangen. Aber nicht nur die Wirtschaftslage prägt den Arbeitsmarkt. Die Tiroler Tageszeitung hat Manfred Dag, den Leiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Kitzbühel, zu den aktuellen Herausforderungen zum Interview gebeten.
Die Sommersaison neigt sich dem Ende zu, wie ist die aktuelle Arbeitsmarktsituation im Bezirk?
Manfred Dag: Der Arbeitsmarkt hat sich heuer im Bezirk und in anderen Tourismusregionen besser entwickelt als in Gesamtösterreich. Der September war im Jahresverlauf 2015 bereits der vierte Monat, in dem der Bezirk auf einen Rückgang der Arbeitslosigkeit verweisen kann. Die Betriebe haben auch wieder mehr Stellen gemeldet, also mehr Arbeitskräfte gesucht.
Die gute Sommersaison mit dem beständigen Sommerwetter hat sich positiv ausgewirkt. Angespannt bleibt die Arbeitsmarktsituation für ältere Arbeitslose und für Personen mit gesundheitlichen Problemen.
Die Wirtschaft sieht weiterhin großen Bedarf an Fachkräften im Bezirk. Wie ist hier die Situation?
Dag: Im Bezirk haben wir vor allem im Tourismus und im Gesundheits- und Sozialbereich steigende Beschäftigtenzahlen. Hier werden viele Fachkräfte gesucht. Das AMS leistet im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag, um zusätzliche Fachkräfte auszubilden.
Im Tourismus ermöglichen wir Saisonbeschäftigten im zweiten Bildungsweg, einen Lehrabschluss als Koch bzw. Restaurantfachmann/-frau zu absolvieren. Am 19. 10. startet wieder eine solche die Ausbildung, wo noch Plätze frei sind. In der Pflege starten wir im Frühjahr einen weiteren Pflegehilfekurs in Kitzbühel.
Es gibt oft die Kritik, dass die Zumutbarkeitsbestimmungen zu locker sind. Würde hier ein Anziehen den Arbeitsmarkt entlasten?
Dag: Die Zumutbarkeitsbestimmungen wurden in der Vergangenheit immer wieder angepasst und verändert. Es ist legitim und auch notwendig, wenn die Politik Gesetzesbestimmungen diskutiert und überarbeitet. Es ändert nur nicht viel an der hohen Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosigkeit ist nicht hoch, weil die Leute nicht mehr arbeiten wollen, sondern weil die Wirtschaftslage seit längerer Zeit angespannt ist und sich die Struktur der Arbeitslosigkeit verändert hat.
Welche Formen der Arbeitslosigkeit gibt es im Bezirk und wie ist deren Anteil an der Gesamtzahl?
Dag: Bei uns mit Abstand am größten ist die saisonale Arbeitslosigkeit in den Zwischensaisonen im Tourismus sowie im Bau und Baunebengewerbe im Winter. Dann gibt es die Sucharbeitslosigkeit von Personen ohne Einschränkungen, welche den Job verlieren und vorübergehend arbeitslos sind. Hier funktioniert die Vermittlung recht gut. Am stärksten steigt die Arbeitslosigkeit bei Älteren, bei Personen mit gesundheitlichen Problemen und Personen ohne Berufsausbildung.
Sind Inländer und Ausländer unterschiedlich von Arbeitslosigkeit betroffen?
Dag: Die Inländerarbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Von der Zunahme sind fast ausschließlich die ausländischen Arbeitskräfte betroffen, diese bilden aber auf der anderen Seite auch den Großteil beim Beschäftigungszuwachs.
Ein Thema ist der Sozialmissbrauch, wie geht hier das AMS vor?
Dag: Natürlich gibt es das vereinzelt, wie auch in allen anderen Bereichen. Soweit das möglich ist, muss man da auch etwas dagegen unternehmen. Ein konkretes Beispiel: Wir hatten jetzt einige Fälle von ausländischen Saisonarbeitern, die in der Zwischensaison im Bezirk Arbeitslosengeld bezogen haben, obwohl sie zurück in ihr Heimatland gegangen sind. Nach umfangreichen Ermittlungen durch die Kriminalpolizei und des AMS mussten die Betroffenen das ausbezahlte Arbeitslosengeld zurückzahlen. Zusätzlich laufen einige Gerichtsverfahren.
Wie wirkt sich die Flüchtlingssituation auf den Arbeitsmarkt im Bezirk aus?
Dag: Das Thema Asyl wird in den nächsten Jahren eine sehr große Herausforderung sein. Es ist im Interesse aller, dass jene, die dann nach abgeschlossenem Asylverfahren in Österreich bleiben können, so gut wie möglich in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert werden. Derzeit sind ja vorwiegend Asylwerber im Bezirk, bei denen das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Diese haben nur einen sehr eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Eine Chance sehe ich für den Arbeitsmarkt im Bereich der Lehrlinge. Es gibt die Möglichkeit für jugendliche Asylwerber bis 25 Jahre, in bestimmten Lehrberufen mit einem Lehrlingsmangel eine Lehre zu absolvieren.
Das Gespräch führte Harald Angerer