„Sie nehmen jeden Menschen, wie er eben ist“
Rund 90.000-mal konnte die Teestube Schwaz in den letzten 20 Jahren Hilfe leisten. Das Jubiläum wird beim Tag der offenen Tür gefeiert.
Von Eva-Maria Fankhauser
Schwaz –Er hatte nichts mehr. Keine Familie, keinen Job, kein Dach überm Kopf – bis er an die Tür der Teestube in Schwaz klopfte und der Spirale der Armut somit den Rücken kehrte. „Ich erinnere mich noch gut an diesen Fall. Der Mann hatte wirklich alles verloren. Dann konnten wir ihm durch das betreute Wohnen wieder auf die Beine helfen“, berichtet Renate Plattner, Geschäftsführerin des Vereins für Sozialprojekte, der die Teestube betreibt. Mittlerweile hat der Mann seine Familie wiedergefunden, besitzt sogar sein eigenes Haus und hat einen fixen Job.
„Das ist ein Paradebeispiel, wie wir es uns nur wünschen können. Oftmals reicht aber schon ein offenes Ohr, um in Not geratenen Menschen zu helfen“, weiß Plattner. Seit nunmehr 20 Jahren ist die Teestube eine wichtige Anlaufstelle für Hilfesuchende aus Schwaz oder dem Bezirk. Die Zahl der jährlichen Kontakte ist seither deutlich gestiegen. Mittlerweile klopfen bis zu 7000-mal pro Jahr Menschen an die Tür der Schwazer Teestube.
Anfänglich wollte man vor allem im Winter Menschen ein warmes Plätzchen bieten. 20 Jahre später hat sich diese Zielsetzung geändert. „Das ist das Besondere an der Teestube: Es ist ein Projekt, das sich ständig verändert, wir reagieren auf soziale Umbrüche und die Situation der Betroffenen“, weiß Obmann Hannes Wanitschek. Heute suchen großteils Arbeitslose oder alleinerziehende Elternteile Hilfe. „Finanzen sind ein großes Thema bei uns. Ohne Arbeit oder mit atypischen Arbeitsverhältnissen wird das Geld schnell knapp. Dadurch fällt es Betroffenen auch schwer, eine Wohnung zu finden“, erzählt Plattner. Vor allem der Mangel an leistbarem Wohnraum mache es vielen Menschen schwer. „Seit Jahrzehnten hoffen wir auf eine tirolweite Angleichung der Richtlinien in Sachen Mietzinsbeihilfe – vergeblich“, bedauert Plattner. Auch Stadträtin Ingrid Schlierenzauer weiß um die Herausforderung des leistbaren Wohnens: „Derzeit gibt es rund 1000 Wohnungssuchende in Schwaz.“
Vier Mitarbeiter der Teestube sind für unzählige Anliegen und Probleme zur Stelle und versuchen, gemeinsam mit den Betroffenen individuelle Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. „Ich kenne keine Beratungsstelle, die wie die Teestube ist. Hier werden keine Unterschiede gemacht. Sie nehmen jeden Menschen, wie er eben ist“, betont Schlierenzauer.
Finanziert wird die Schwazer Teestube zu 75 Prozent durch Subventionen des Landes Tirol sowie der Stadt Schwaz. Der Rest kommt durch Spenden zustande.
Am Tag der offenen Tür am 16. Oktober sind von 12 bis 20 Uhr nicht nur Hilfesuchende in der Teestube herzlich willkommen. Um 18 Uhr findet eine Lesung von Güni Noggler statt, begleitet wird er von Armin Lengauer am Saxophon.