Bürgermeister zurückgetreten - Politisches Chaos in Rom

Rom (APA) - Nach dem Rücktritt des wegen Spesenabrechnungen in die Kritik geratenen Bürgermeisters von Rom, Ignazio Marino, versinkt die ita...

Rom (APA) - Nach dem Rücktritt des wegen Spesenabrechnungen in die Kritik geratenen Bürgermeisters von Rom, Ignazio Marino, versinkt die italienische Hauptstadt im politischen Chaos. Knapp zwei Monate vor Beginn des vom Papst ausgerufenen „Jubiläumsjahres“, das Millionen von Pilger aus der ganzen Welt nach Rom locken wird, ist die Ewige Stadt führungslos.

Der seit Juni 2013 amtierende Marino entschloss sich zum Rücktritt, nachdem er den Rückhalt seiner Demokratischen Partei (PD), der Gruppierung von Premier Matteo Renzi, verloren hat. Der Transplantationschirurg steht seit Monaten in der Kritik und war zuletzt auch in seiner eigenen Partei zunehmend isoliert. Wegen Missständen in punkto öffentliche Verkehrsmittel und Sauberkeit auf den Straßen war der gebürtige Genueser scharf kritisiert worden.

Marinos politische Talfahrt hatte bereits im Dezember begonnen, als er mit dem gewaltigen Korruptionsskandal um die Mafia-Unterwanderung der Hauptstadt konfrontiert wurde. Dutzende Politiker und Geschäftsleute wurden festgenommen. Ein Kartell aus mafiösen Firmen hatte sich die Gunst von Funktionären und Politikern erkauft. Marino war zwar nicht persönlich in den Skandal verwickelt, doch sein Gemeinderat erlitt einen schweren Imageverlust. Dem 60-Jährigen war unter anderem ein zu lascher Umgang mit dem Mafia-Skandal vorgeworfen worden.

Seit den Ermittlungen rund um die „Mafia Capitale“ kommt die Stadt nicht zur Ruhe. Zuletzt ist Marinos Reise zum katholischen Weltfamilientag in Philadelphia zum Politikum geworden. Der Politiker wurde wegen seiner mehrtägigen USA-Reise, die die zweite binnen weniger Wochen war, von seinen Widersachern scharf kritisiert. Der Bürgermeister hatte behauptet, er sei von Papst Franziskus persönlich nach Philadelphia eingeladen worden. Der Pontifex hat eine Einladung aber entschieden bestritten.

Zum Verhängnis wurde Marino jedoch zuletzt ein Skandal um persönliche Ausgaben in Höhe von 20.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen aufgenommen, weil Marino mit einer Kreditkarte der Stadt private Abendessen bezahlt haben soll. Der Bürgermeister sprach von Geschäftsessen und anderen offiziellen Anlässen, mehrere Medien hingegen von privaten Treffen mit Angehörigen. Noch am Donnerstag erklärte Marino, das Geld in die Staatskasse zurückzahlen zu wollen. Dies sei kein Eingeständnis von Fehlleistungen, sondern lediglich ein „Geschenk“ für die schwer verschuldete Hauptstadt. Bereits im vergangenen Jahr hatten Kritiker einen Rücktritt Marinos gefordert, nachdem dieser Strafzettel für Falschparken nicht gezahlt hatte.

Marino erklärte sich als Opfer einer einflussreichen Lobby, die sich gegen seine Offensive für mehr Transparenz und Legalität in der Stadt wehre. „Um mich zu verjagen, haben sie alles versucht. Wäre ich nicht zurückgetreten, hätte man mir Kokain in die Tasche gesteckt“, klagte Marino in einem Interview mit der Tageszeitung „La Stampa“.

Der als Außenseiter der Politik zum Bürgermeister gewählte Marino gibt sich jedoch nicht geschlagen. Ihm bleiben nun 20 Tage Zeit, seine Entscheidung noch einmal zu widerrufen. Er wolle noch prüfen, ob die „politischen Bedingungen“ für das Amt wiederhergestellt werden könnten. Seine Hoffnung scheint jedoch unrealistisch, da sogar Renzi ihm den Rücken zugekehrt hat. Sollte es bei seinem Rücktritt bleiben, muss der Präfekt von Rom einen kommissarischen Verwalter ernennen, der die Stadt in Neuwahlen führt.

In diesem politischen Chaos bereitet sich die Stadt Rom auf das am 8. Dezember beginnende Jubiläumsjahr vor. Die Stadt rechnet mit einem Ansturm von 33 Millionen Pilgern. Für dieses Großevent muss die Stadt die Infrastruktur verbessern und für mehr Sauberkeit sorgen. Wie das die jetzt führungslose Hauptstadt schaffen soll, ist noch unklar.