Rechtlich hat Seehofer wenig in der Hand
Berlin (APA/AFP) - Vollmundig hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) „Zurückweisungen“ von Flüchtlingen an der österreichisch-ba...
Berlin (APA/AFP) - Vollmundig hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) „Zurückweisungen“ von Flüchtlingen an der österreichisch-bayrischen Grenze das Wort geredet. Doch dabei hat er kaum eigenen Handlungsspielraum. Denn die Grenzsicherung ist Angelegenheit der Bundespolizei - und für die ist nicht der Freistaat zuständig, sondern der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU).
In Paragraf 2 des deutschen Bundespolizeigesetzes heißt es unmissverständlich: „Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes.“ Dazu gehöre auch die „Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt“. Die Bundespolizei darf dabei auch im Landesinnern aktiv werden - und zwar im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern.
Zwar kann der Regelung zufolge ein Bundesland „Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften“ wahrnehmen - aber nur im Einvernehmen mit dem Bund. Und wenn dieser einer Maßnahme zustimmt, kann er sie auch gleich selbst ausführen. De Maiziere hatte ja im September bereits Kontrollen an den deutschen Grenzen angeordnet, die seither auch eifrig stattfinden. Die Münchner Positionierung ist denn auch als Appell an den Bund zu betrachten, Seehofer redet von einer „Forderung an Berlin“.
Auf ein weiteres rechtliches Problem weist die Organisation Pro Asyl hin. Nach EU-Recht dürfe Deutschland Flüchtlinge nicht einfach in den Nachbarstaat Österreich zurückschicken, sondern nur in den zuständigen EU-Staat - und das ist jenes Land, in dem der Flüchtling erstmals EU-Boden betreten hat - also etwa Griechenland oder Ungarn. So sieht es auch das sogenannte Dublin-Verfahren vor.
Bei einer Abschiebung nach Ungarn müsse wegen des dortigen Umgangs mit den Flüchtlingen aber zudem geprüft werden, ob eine Abschiebung dorthin überhaupt mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar ist. „Ein kurzer Prozess an den Landgrenzen entbehrt jeder rechtsstaatlichen Grundlage“, kritisiert Pro Asyl.
Der Freistaat hingegen schätzt die Rechtslage ganz anders ein. Die sofortige Zurückweisung sei durchaus zulässig, weil das deutsche Recht schon seit 1993 kein Asyl für Menschen vorsehe, die aus einem sicheren Land einreisen, argumentiert Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Und Deutschland sei ausschließlich von sicheren Staaten umgeben. Außerdem gehe es nicht, dass sich Deutschland an die Dublin-Regeln hält, während andere das nicht tun. Herrmann droht gar mit einer Verfassungsklage, sollte der Bund den Zuzug von Flüchtlingen nicht begrenzen.