Leopold Museum 2 - „Wir haben extreme Wettbewerbsnachteile“
Wien (APA) - APA: Ist die private „Sammlung 2“ von Rudolf Leopold ein Desiderat?...
Wien (APA) - APA: Ist die private „Sammlung 2“ von Rudolf Leopold ein Desiderat?
Wipplinger: Ich denke, dass es unsere Intention sein sollte, gewisse Teile der Sammlung 2 an das Haus zu binden. Es kann nicht die gesamte Sammlung sein, vieles ist auch nicht mit dem Kern unserer Ausrichtung kompatibel, aber es gibt wunderbare Exponate - etwa ein wunderbares Selbstporträt von Gerstl oder das Liebespaar von Schiele -, bei denen es natürlich ein Gewinn wäre, sie dauerhaft an das Haus zu binden. Welche Möglichkeiten der Bindung wir da finden, darüber fangen wir nun an, intensiv mit dem Stiftungsvorstand nachzudenken.
APA: Die Klage über die budgetäre Unterdotierung war hier stets ein Dauerthema. Haben Sie schon einen Überblick über die finanzielle Lage?
Wipplinger: Wir sind eines der erfolgreichsten Museen, was Eigenleistungen betrifft. Mit rund 350.000 Besuchern jährlich sind wir das meistbesuchte Haus im Museumsquartier, von unseren rund 7,5 Millionen Euro Budget stammen mehr als 50 Prozent aus Selbsterwirtschaftetem. Wir haben aber extreme Wettbewerbsnachteile. Wir bekommen nicht nur im Vergleich zu anderen Häusern wie mumok oder MAK nur ein Drittel der öffentlichen Förderungen, sondern kommen auch nicht in den Genuss der Bundeshaftung. Das heißt, wir zahlen für jedes Werk, das wir uns ausleihen, eine enorme Versicherungssumme. Da werden wir Gespräche mit den öffentlichen Geldgebern suchen, gleichzeitig aber auch andere Netzwerke erschließen, etwa einen Board of Trustees gründen, mit Vertretern aus der Wirtschaft, der Künstlerschaft, aus Intellektuellen-Kreisen und internationalen Sammlern.
APA: Wer sich überlegt, in den Board of Trustees zu gehen, könnte vorher fragen: Habt ihr denn die Geschichten mit Restitution und Provenienz endgültig im Griff?
Wipplinger: Nicht zuletzt war ja die Beschlagnahmung der „Wally“ in New York ausschlaggebend, warum es überhaupt dieses Kunstrückgabegesetz in der aktuellen Form gibt, und das ist grundsätzlich einmal sehr positiv zu werten. Die Auseinandersetzung mit der Provenienz und der Genealogie der Werke - das ist eine Aufgabe, die natürlich noch immer von Relevanz und Aktualität ist. Ich forciere da eine transparente Kommunikation. Wir haben ja drei Provenienzforscher im Haus. Natürlich sind die Arbeiten über rund 5.000 Exponate noch nicht abgeschlossen, da geht‘s uns nicht anders als den anderen Museen. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten und da werden wir uns auch anstrengen. Und was den Weg der Lösung von ungeklärten Fällen betrifft, war dieser des Museums und des Stiftungsvorstandes in den letzten Jahren, in Gespräche einzutreten und Vergleiche umzusetzen.
APA: Mit Ihnen wird es da keine Änderung der Hauspolitik geben?
Wipplinger: Die Entscheidung liegt ausschließlich beim Stiftungsvorstand. Die Botschaft vonseiten des Stiftungsvorstandes ist ganz klar: offene, transparente Gespräche und im Sinne der Washingtoner Prinzipien eine faire und gerechte Lösung anzusteuern.
APA: Sie suchen nicht aktiv die Kommunikation mit den früheren Hauptkritikern des Leopold Museums?
Wipplinger: Doch, das mache ich schon. Es ist meine Intention, mit den Kritikern aktiv ins Gespräch zu treten.
APA: Das Leopold Museum soll einen Dachaufbau bekommen, die sogenannte „Libelle“. Wann kommt sie, und welchen Effekt wird sie haben?
Wipplinger: Wir haben in zwei Wochen ein Gespräch mit den Architekten und den Betreibern, das ist ja die Museumsquartier-Gesellschaft. Die Intention ist nach wie vor vorhanden, das 2016/17 umzusetzen. Was wir uns davon erwarten und erhoffen, ist nicht nur ein architektonisches Signet, sondern auch, dass wir unseren Besuchern ein zusätzliches Asset bieten können, dass sie auf dem Haus, auf der Terrasse eine fantastische Sicht auf Wien genießen können, und dass wir diese Location dann auch Sponsoren, Förderern, Unterstützern des Leopold Museums anbieten können. Wir müssen mit allen Mitteln versuchen, zusätzliche Gelder zu akquirieren, die Libelle ist da ein probates Mittel dafür.
APA: Die Kunsthalle Krems, die Sie geleitet haben, hat jetzt 20 Jahre gefeiert - und wird schon bald für das neue Kunstquartier umgebaut. Wie beurteilen Sie diese Pläne?
Wipplinger: Ich erlaube mir da kein Urteil, da ich zu wenig weiß, wie die Programme ausschauen werden. Ich glaube, ein derartiges Projektvorhaben ist nicht nur abhängig von einer architektonischen Hülle, sondern vor allem von überzeugenden Inhalten. Und da müssen wir alle abwarten, was die neue „Galerie Niederösterreich“ zeigen und was mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin in der Kunsthalle präsentieren wird.
(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - www.leopoldmuseum.org)