Flüchtlinge - Griechenland richtet „Hotspot“ auf Lesbos ein

Athen/Wien/Nickelsdorf (APA/AFP/dpa) - Griechenland will in gut einer Woche auf der Ägäis-Insel Lesbos einen sogenannten Hotspot zur Aufnahm...

Athen/Wien/Nickelsdorf (APA/AFP/dpa) - Griechenland will in gut einer Woche auf der Ägäis-Insel Lesbos einen sogenannten Hotspot zur Aufnahme und Registrierung von Flüchtlingen einrichten. Athen werde seine Zusagen gegenüber der Europäischen Union einhalten, sagte Einwanderungsminister Giannis Mouzalas am Samstag. Die Vereinten Nationen und die Weltbank kündigten indes eine Aufstockung ihrer Mittel für Flüchtlinge an.

Mouzalas äußerte sich nach Gesprächen mit EU-Einwanderungskommissar Dimitris Avramopoulos und dem luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn. Die Einrichtung der Aufnahme- und Registrierungszentren für Flüchtlinge gehört zum EU-Konzept für einen effizienten und gemeinsamen Umgang mit der Flüchtlingskrise.

Insgesamt sollen auf den griechischen Inseln Lesbos, Kos, Samos, Chios und Leros fünf Aufnahme- und Registrierungszentrum eingerichtet werden. Auf diesen Inseln treffen die meisten Bootsflüchtlinge ein, die von der Türkei aus über das Mittelmeer in die EU zu gelangen versuchen. Die Beschlusslage der EU sieht vor, rund 70.000 Flüchtlinge aus Griechenland in andere EU-Staaten umzuverteilen.

Die griechische Küstenwache hat binnen 48 Stunden mehr als 2.000 Migranten aus dem Meer vor den Inseln der Ostägäis gerettet. Die Helfer seien vor Lesbos, Leros, Chios, Samos und Farmakonisi im Einsatz gewesen, teilte die Küstenwache am Sonntag mit. Hunderte andere Migranten schafften es, mit eigenen Mitteln auf die Inseln zu kommen.

Asselborn unterstrich, die EU werde Griechenland bei der Einrichtung der Zentren finanziell und logistisch unterstützen. Angesichts der Zahl von 400.000 Flüchtlingen, die seit Jahresbeginn in Griechenland eintrafen, fügte er hinzu, es werde ein „langer und schwieriger“ Weg sein, Lösungen zu finden.

Die Regierungen in Ankara und Athen sollten ihre bilaterale Zusammenarbeit nutzen, um die Zahl der Flüchtlinge zu drosseln, sagte Asselborn. Mouzalas ergänzte, entsprechende Gespräche mit der Türkei hätten begonnen, er werde am kommenden Mittwoch in Istanbul Gespräche mit der türkischen Regierung führen.

In Italien ist der erste Hotspot auf der Insel Lampedusa bereits eingerichtet, dort läuft die Erprobungsphase. Bis Ende November soll der Hotspot nach Angaben von Innenminister Angelino Alfano seinen regulären Betrieb aufnehmen. Weitere Hotspots sind in den Städten Pozzallo, Porto Empedocle, Trapani, Augusta und Taranto geplant, bis Jahresende sollen sie ebenfalls funktionieren.

In Österreich rechnete die Polizei für Sonntag mit etwa 3.850 Personen, die im burgenländischen Grenzort Nickelsdorf ankommen werden. Am Samstag waren von Mitternacht bis 19.00 Uhr 5.050 Menschen eingetroffen, teilte die Landespolizeidirektion Burgenland in der Früh per Aussendung mit. In Heiligenkreuz hingegen wurden keine Flüchtlinge registriert, auch für Sonntag werden keine erwartet.

Die UNO und die Weltbank kündigten am Rande der Jahrestagungen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds im peruanischen Lima an, ihre Mittel für Flüchtlinge aufzustocken. Staaten in Nordafrika und in Nahost sollten mehr Geld erhalten, um die hohe Zahl von Flüchtlingen vor allem aus Syrien bewältigen zu können, hieß es.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon erinnerte daran, dass die derzeitige Flüchtlingskrise die größte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei. Um das Ausmaß der Krise zu bewältigen, seien „starke globale Partnerschaften und innovative Finanzierungsmethoden essenziell“, sagte Weltbankpräsident Jim Yong-kim.

Dazu soll es den Angaben zufolge neue Anleihen geben, die gemeinsam mit der Islamischen Entwicklungsbank aufgelegt werden sollen. Details der neuen Finanzierungspläne sollen von einer Arbeitsgruppe erarbeitet werden, die bis zum kommenden Februar einen Plan für die Umsetzung vorlegen soll.

Vor Ägypten ertranken beim Kentern eines Flüchtlingsboots nach Behördenangaben in der Nacht zum Sonntag elf Menschen im Mittelmeer. 15 weitere Flüchtlinge aus Syrien und afrikanischen Staaten seien geborgen worden.

Vor Libyen retteten spanische und italienische Einsatzkräfte 523 Flüchtlinge aus mehreren Booten im Mittelmeer. Offiziellen Angaben zufolge handelte es sich um 376 Männer, 125 Frauen und 22 Kinder.

Von Marokko aus erreichten etwa 30 Flüchtlinge die schwer gesicherte spanische Exklave Melilla. Örtlichen Behörden zufolge unternahmen insgesamt etwa 130 Menschen den Versuch, die Grenze zu überwinden.

Bundeskanzler Werner Faymann hatte am vergangenen Dienstag gemeinsam mit Griechenlands Links-Premier Alexis Tsipras Lesbos besucht und dabei eine stärkere Einbindung der Türkei gefordert. Die EU müsse der Türkei dort entgegenkommen, wo finanzielle Unterstützung und politischer Dialog notwendig seien, sonst aber weiter ihre Position vertreten, so Faymann gegenüber der APA.

Faymann bezweifelte später, dass die elf Registrierungszentren für Migranten in Italien und Griechenland, sogenannte Hotspots, wie geplant bis Ende November einsatzbereit sind.

Nach dem Terroranschlag in Ankara hat die türkische Regierung die EU um eine Verschiebung der Gespräche über die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise gebeten. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, und Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn sagten am Sonntag eine für den gleichen Tag geplante Reise in die Türkei ab. Man hoffe nun auf einen Gesprächstermin am kommenden Mittwoch.

(Wochenendzusammenfassung)

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