Beate Meinl-Reisinger - Die pinke Lebensretterin

Wien (APA) - Es ist vollbracht: Beate Meinl-Reisinger hat die NEOS als Spitzenkandidatin in den Wiener Landtag und Gemeinderat gebracht und ...

Wien (APA) - Es ist vollbracht: Beate Meinl-Reisinger hat die NEOS als Spitzenkandidatin in den Wiener Landtag und Gemeinderat gebracht und damit ihrer Partei - nach Misserfolgen bei vorangegangenen Regionalwahlen - gewissermaßen das mittelfristige Überleben gesichert. Über eine etwaige Regierungsbeteiligung will sie noch nicht spekulieren.

„Ich habe die Schnauze voll gehabt“: So erklärte Meinl-Reisinger im Jänner 2013 ihren Bruch mit der etablierten Politik - in diesem Fall der ÖVP - und ihre Kandidatur für die damals noch neue Partei NEOS. Bis vor kurzem selbst im Nationalrat - das Mandat hatte sie im Vorfeld der Wien-Wahl zurückgelegt - , führte die 37-Jährige zuletzt u.a. gegen „g‘stopfte Politiker“ Wahlkampf.

Meinl-Reisinger gehört gewissermaßen zum Gründungsteam der NEOS, wobei sie ursprünglich nur im Hintergrund arbeiten wollte. Den Entschluss für eine Kandidatur bei der Nationalratswahl 2013, wo sie auf der Bundesliste schließlich den dritten Platz ergatterte, fasste sie erst mit dem Näherrücken des Urnengangs.

Die Juristin und nunmehrige stellvertretende NEOS-Bundesparteivorsitzende war - wie ihr Chef Matthias Strolz - jahrelang im schwarzen Lager politisch beheimatet. Nach einem Traineeprogramm in der Wirtschaftskammer werkte sie ab 2005 als Assistentin für den EU-Abgeordneten Othmar Karas (ÖVP) in Brüssel. Nach einem erneuten WK-Intermezzo wechselte sie 2007 als Referentin zur damaligen Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP).

Als diese 2009 nicht allzu freiwillig die Nachfolge des bisherigen Landesparteichefs Johannes Hahn, der als Regionalkommissar nach Brüssel übersiedelt war, antrat, folgte ihr Meinl-Reisinger ins Rathaus. Obwohl nicht Teil des Strategieteams, erlebte die Weggefährtin dort den parteiintern durchaus umstrittenen Wahlkampf Mareks für die Landtagswahl 2010 hautnah mit. Und auch die loyale Referentin war mit dem ausbaldowerten Law-and-Order-Kurs für die eigentlich als liberal geltende Ex-Staatssekretärin und den „Geilomobil“-Touren des damaligen JVP-Chefs Sebastian Kurz alles andere als glücklich.

Als sie einmal laut anmerkte, dass nicht zuletzt deshalb niemand aus ihrem Freundeskreis die Wiener ÖVP wähle, bekam sie zur Antwort, dass sie halt nur liberale Freunde habe. Ziemlich zeitgleich mit Mareks kommunalpolitischer (Selbst-)Demontage bzw. ihrer Rückkehr ins Parlament 2012 kehrte Meinl-Reisinger, inzwischen Mutter von zwei Töchtern, den Schwarzen schließlich den Rücken.

Meinl-Reisinger - sie lebt im Bezirk Alsergrund - selbst hat nie zum erzkonservativen Lager der Volkspartei gehört. So wollte sie nach dem historisch schlechtesten schwarzen Wahlergebnis und dem Korb der SPÖ in Sachen Stadtkoalition der Rathaus-ÖVP zu einer Reform in Richtung urbane Aufgeschlossenheit verhelfen und konzipierte die - von der Parteispitze eher lieblos beäugte - „Agenda Wien plus“ mit.

Schon Jahre zuvor, 2002, hatte sie die Initiative Schwarz-Grün mitbegründet, die sich für eine entsprechende Koalition im Bund stark machte. Bereits die Anfänge der Öko-Bewegung hatte Meinl-Reisinger, am 25. April 1978 als Tochter bürgerlicher und politisch äußerst interessierter Eltern in Wien geboren, miterlebt. Ihr Vater arbeitete als Spitalsarzt in Hainburg und versorgte zudem verletzte Aubesetzer vor Ort. Als prägende Kindheitserinnerungen bzw. wichtige Momente ihrer politischen Sozialisierung nennt sie außerdem den Mauerfall und das Haider‘sche Anti-Ausländer-Volksbegehren und vor allem das dagegen initiierte Lichtermeer.

Seit Herbst 2013 agiert Meinl-Reisinger, die lange auch der Schauspielerei zugetan war, selbst im Scheinwerferlicht der politischen Bühne. Als Nationalratsabgeordnete werkt sie als pinke Justiz-, Familien- und Kultursprecherin, außerdem ist sie hinter Matthias Strolz Vizeparteichefin. Ende April 2014 wurde sie außerdem zur Landessprecherin der Wiener NEOS gekürt. Als solche hat sie nun den Einzug in den Landtag und Gemeinderat geschafft.

Als Lieblingsbuch nennt die 37-Jährige „Erklärt Pereira“ des italienischen Autors Antonio Tabucchi. Zu ihrer bevorzugten Musik gehört - neben Klassik, Georg Kreisler oder den Beatles - auch das heimische Popwunder Wanda. Eine Textzeile aus deren Hit „Amore“ haben die NEOS - ohne zu fragen - einmal paraphrasiert: „Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Start-ups.“ Die Antwort von Wanda-Frontmann Marco Michael Wanda kam postwendend: „Wenn das noch einmal jemand versucht, klagen wir ihn in die Hölle. Die können alle scheißen gehen. Ich scheiß‘ auf die NEOS.“