Wien Wahl - David Schalko: „70 Prozent gegen Fremdenfeindlichkeit“
Wien (APA) - Als Erfolg für Prinzipientreue in der Politik interpretieren Vertreter der Kunst- und Kulturszene den Ausgang der Wien-Wahl. „7...
Wien (APA) - Als Erfolg für Prinzipientreue in der Politik interpretieren Vertreter der Kunst- und Kulturszene den Ausgang der Wien-Wahl. „70 Prozent gegen Fremdenfeindlichkeit“ und 30 Prozent FPÖ-Stammwählerschaft - auf diesen Punkt bringt es David Schalko („Braunschlag“). Eine „Repolitisierung“ ortet Viennale-Direktor Hans Hurch, Mut zahle sich politisch wieder aus, glaubt der Autor Doron Rabinovici.
Für den Autor und Regisseur David Schalko ist die „wesentliche Botschaft“ des Wahlausgangs, „dass 70 Prozent gegen Fremdenfeindlichkeit gestimmt haben“. Nicht Themen, „die hier in Wien eigentlich viel mehr brennen“, sondern die Flüchtlingsthematik habe die Wählerentscheidung beeinflusst. „Genau deshalb hat man befürchten müssen, dass die Wahl ganz anders ausgeht“, so Schalko in Bezug auf die FPÖ, die trotz „idealer Voraussetzungen auf nur knapp über 30 Prozent kommt“. „Man kann also im Augenblick davon ausgehen, dass die FPÖ einfach eine Stammwählerschaft von 30 Prozent hat und dass sie dort mehr oder weniger stagniert.“
Wie es in Wien weitergeht, ist für den 42-Jährigen relativ klar: „Rot-Grün ist die vernünftigste Koalition, die auch in den letzten fünf Jahren viel weiter gebracht hat. Rot-Schwarz wäre ein seltsames Zeichen, das haben wir ja auf Bundesebene“, so Schalko im Gespräch mit der APA. Für ebendiesen Bund bedeute die Wahl nicht zuletzt, „dass beide Großparteien einen Erneuerungsprozess einläuten müssen“. Vor allem die SPÖ habe „gerade mal so verteidigt, was sie hat“. „Die Stimmen innerhalb der SPÖ werden - vielleicht nicht morgen, aber übermorgen - lauter werden, dass es einen Führungswechsel braucht.“
Viennale-Direktor Hans Hurch hofft nicht zuletzt auf Veränderungen innerhalb einer künftigen rot-grünen Stadtkoalition. „Es wäre sinnvoll, wenn sich in der Stadt nach dieser Wahl, wo man noch mal so davongekommen ist, ein paar Dinge verbessern“, so Hurch im Gespräch mit der APA. „Dass man einfach zur Tagesordnung übergeht, hielte ich für gefährlich.“ Einen konkreten Vorschlag gleich am Wahlabend habe er auch schon: Sollten Umwälzungen in der Stadtregierung dazu führen, dass der Posten von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) neu ausgeschrieben wird, hofft Hurch auf den Mut, diesen „nicht an einen Funktionär aus dem Parteiapparat, sondern an eine unabhängige Person“ zu geben.
Gerade die Kultur sei ein „offenes Feld, wo man so etwas riskieren könnte“. Etwa Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien, oder „Falter“-Chefredakteur Armin Thurnher zählten zu jenen Menschen, „die das Format hätten und die politische Erfahrung mitbringen würden, um so einen Posten zu erfüllen“. Das würde nicht zuletzt dazu führen, „die Politik ein bisschen zu öffnen und Repolitisierung zu fördern“. Immerhin habe es auch Häupl „sicher genützt“, im Wahlkampf zum Thema Flüchtlinge „politisch Flagge zu zeigen“. „Das ist ein interessantes Phänomen dieser Wahl: Dass man mit einer stärkeren politischen Stellungnahme offensichtlich auch punkten und gegen die politische Stimmungsmache von Strache dagegen halten kann“, meint Hurch, der daraus die Lehre zieht, „dass die Politik wieder deutlich politischeren und moralischen Grundsätzen folgen sollte“.
Auch für den neuen Toleranzpreisträger des österreichischen Buchhandels, den Autor und Historiker Doron Rabinovici (53), „hat Häupl gezeigt, dass man Stellung beziehen und halten kann“. Die SPÖ habe in Wien ganz anders agiert als im Burgenland, habe Konturen und Haltung gezeigt. „Es freut mich, dass sich dieses Modell ausgezahlt hat: Mut zu zeigen.“ Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel beweise derzeit ebenfalls Führungsstärke. „Das ist auch ein Signal an die österreichische politische Führung.“
Für Rabinovici hätten die Grünen in dieser Situation „einen Achtungserfolg erzielt“, die ÖVP habe stark an die NEOS verloren, die sich als urbane bürgerliche Kraft positionierten und das Problem der ÖVP deutlich machten, mit ihrer überkommenen bündischen Struktur selbst ihrer eigenen Klientel in einer modernen Stadt keine adäquaten Angebote mehr machen zu können. Dennoch sei es bedenklich, dass eine FPÖ „mit einer so radikalen Führung“ („Das eigentliche Argument dieser Partei ist Rassismus.“) neuerlich hinzugewonnen habe und nun über 30 Prozent liege. Gegen Rechts-Populismus in Europa helfe nur, den sozialen Zusammenhalt zu stärken, so Rabinovici zur APA.