Wien-Wahl - ÖVP-Wahlparty mit langen Gesichtern

Wien (APA) - Eine Party sieht anders aus: Nach dem historisch schlechtesten Wahlergebnis und dem angekündigten Rückzug von ÖVP-Landesparteic...

Wien (APA) - Eine Party sieht anders aus: Nach dem historisch schlechtesten Wahlergebnis und dem angekündigten Rückzug von ÖVP-Landesparteichef Manfred Juraczka wollte in der Landesparteizentrale der Hauptstadtschwarzen am Sonntagabend nicht wirklich Stimmung aufkommen. Wundenlecken war angesagt.

An den Stehtischen im vormaligen „Cafe di Gio“ diskutierten die Funktionäre bei Brötchen, Bier und Knabbereien das schlechte Abschneiden ihrer Partei. Für die Musikbeschallung sorgte übrigens die politische Konkurrenz. Die FPÖ hatte direkt vor der ÖVP-Landesparteizentrale ihr Zelt aufgebaut und feierte lautstark. Selbst das laut aufgedrehte TV-Gerät im Raum schaffte es kaum, die freiheitlichen Gesänge und Discobässe zu übertönen.

Für Nationalratsmandatarin Gabriele Tamandl ist es ein „sehr ernüchterndes Wahlergebnis“, sagte sie im APA-Gespräch: „Da brauchen wir uns nichts vormachen.“ Sie forderte außerdem: „Man muss Reformen einleiten.“ Das schlechte Abschneiden der Partei dürfe nicht an einer Person festgemacht werden, sprach sie sich vor Bekanntwerden von Juraczkas Entscheidung eigentlich gegen eine Obmanndebatte aus.

Außenminister Sebastian Kurz ließ sich nur kurz in der Landesparteizentrale blicken: Es sei ein „schmerzliches Ergebnis“, zog er Bilanz. Es habe in Wien eine Zuspitzung um den ersten Platz gegeben. Die kleineren Parteien Grüne und ÖVP hätten darunter gelitten, sagte er und verschwand flugs wieder. Ebenfalls blicken ließen sich Ex-Wirtschaftskammerpräsidentin und nunmehrige Nationalratsmandatarin Brigitte Jank und Staatssekretär Harald Mahrer.

Still wurde es, als Manfred Juraczka zu seiner Rede ansetzte - und lange Gesichter gab es, als er seinen (geordneten) Rückzug als Chef ankündigte. Schließlich bedankte sich der scheidende Chef bei seinen Parteikollegen für die Unterstützung. Seine abschließenden Worte: „Ich wünsche dieser Wiener ÖVP, dass sie wieder wesentlich bessere Zeiten erlebt, als dieses wirklich schmerzliche Ergebnis.“ Anschließend verließ er die Landesparteizentrale wieder Richtung Rathaus.

Direkte Kritik an Juraczka wurde jedenfalls gegenüber der APA von keinem seiner Parteikollegen geäußert. „Ich glaube, dass Manfred Juraczka ein sehr engagierter und guter Spitzenkandidat war, der aufgrund der äußeren Umstände unter Wert geschlagen wurde“, sagte Landesgeschäftsführer Alfred Hoch. Dessen Rücktritt sei für ihn, Hoch, „aus der Situation heraus“ überraschend gewesen. Wie es weitergehen soll? „Wir werden die Endergebnisse abwarten, analysieren und im Landesparteivorstand beraten.“

Berndt Querfeld, Cafe-Landtmann-Chef und Obmann der Kaffeehäuser in der Wiener Wirtschaftskammer, war von Juraczkas Entscheidung nicht überrascht: „Mit dem Ergebnis war zu erwarten, dass man seine Position zur Verfügung stellt.“ Er will aber nicht Fehlersuchen, sondern blickt nach vorne: „Es ist ein guter Grund zum Neustart.“ Wenn es nach ihm geht, dann gilt jetzt für die ÖVP: „Ausmalen, neu möblieren und neue Speisekarte, würde ich jetzt als Kaffeesieder sagen.“ Querfeld wollte mit einem Grundmandat in den Gemeinderat einziehen, was ihm nun mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelungen sein dürfte. Er ist enttäuscht: „Weil ich den Anspruch habe, zu gewinnen. Es ist schwieriger gewesen als man glaubt.“

Wirtschaftsbündler Alexander Biach hofft hingegen noch, dass er aufgrund der Briefwahlkarten noch ein Grundmandat erhält. Wenn dies nicht klappt, dann „bricht für mich die Welt nicht zusammen“. Für ihn sei es ein Ansporn, weiterzuarbeiten.